Die Kinder der Katastrophe

Retter bergen immer noch Überlebende. Die Haitianer sollen fürs Helfen bezahlt werden
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Eleanore Rose vom Roten Kreuz versorgt den sechs Monate alten Sebastian Joseph. Seine Mutter kam bei dem Beben ums Leben.F.: AP
az Eleanore Rose vom Roten Kreuz versorgt den sechs Monate alten Sebastian Joseph. Seine Mutter kam bei dem Beben ums Leben.F.: AP

Retter bergen immer noch Überlebende. Die Haitianer sollen fürs Helfen bezahlt werden

PORT–AU–PRINCE „Ich dachte immer daran, wie traurig meine Mama jetzt meinetwegen sein muss“, erzählt Benito Revolus. „Ich flehte Gott an, mich zu befreien, und ich versprach ihm, dass ich eine zweite Chance nicht verschenken würde.“

Nach fünf Tagen, die der 23-jährige Schreiner verschüttet in einem Krankenhaus verbrachte, den Schenkel von einem Bettpfosten durchbohrt, sah er ein grinsendes, weißes Gesicht im Gegenlicht. „Guten Tag“, sagte sein Retter. Benito nahm sich dankbar vor, ab ein besserer Mensch zu werden.

Dass er so lange unter den Trümmerbergen ausgehalten hat, ist erstaunlich – er blutete stark. Immer noch melden Helfer Rettungen, die an Wunder grenzen: Acht Tage lang schaffte es ein Baby, am Leben zu bleiben. Nur ein Balken hatte verhindert, dass die Decke auf das Bettchen des 22 Tage alten Mädchens krachte. Gestern wurde durch Zufall ein Fünfjähriger unverletzt aus den Trümmern eines eingestürzten Hauses in Port-au-Prince geborgen. Verwandte suchten eigentlich nach einem Toten, als sie den Jungen rufen hörten: „Hier bin ich!“

Viele Kinder haben ihre Familie verloren, irren verletzt und hungrig durch die Straßen. Mehr denn je laufen die Kinder des bitterarmen Staates in Gefahr, in die Fänge von Kinderhändlern zu geraten.

Unicef richtet gerade Schutzzentren für 900 Waisen ein, World Vision hat bisher 40 Kinder in ein Betreuungszentrum gebracht. Trotzdem warnen die Organisationen vor überstürzten Adoptionen: „Natürlich möchten jetzt viele spontan die Kinder aus der Not retten, aber überhastete Adoptionen bergen die Gefahr, dass Kinder voreilig aus ihrem Kulturkreis gerissen und von ihren Familien getrennt werden“, sagt Marwin Meier von World Vision.

Die Kinder, deren Adoption schon vor der Katastrophe genehmigt war, haben einige Länder schon ausgeflogen – für 109 Mädchen und Jungen begann am Donnerstag ein Leben in den Niederlanden.

Unterdessen will die UN der Bevölkerung mit einem „Cash for Work“-Programm zurück in ein geregeltes Leben helfen. Die Haitianer sollen für Aufräumarbeiten bezahlt werden: 400 Menschen sind schon eingestellt, sie bekommen fünf Dollar am Tag. „Wenn wir für Beschäftigung sorgen, normalisiert das das Leben der Menschen mehr als ein Leben von Hilfsgütern“, sagt Eric Overvest von der UN. „Das sorgt für Selbstbewusstsein – und Würde.“

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