Die AZ zu Besuch in Benedikts Geburtsstadt Marktl
MARKTL - Die Bischöfe sind da, auch die Fotografen, Kameramänner und Journalisten. Riesen-Andrang in Marktl am Inn – wie damals, als Papst Benedikt XVI. 2006 seinen Geburtsort besuchte.
Mei, das war vielleicht ein Tag. Jeder hier denkt gern daran zurück.
Aber heute ist alles anders. Die Marktler lassen sich nicht blicken. Kein Mensch auf der Straße. Heute gibt es ja nichts zu feiern. Die von den Medien sammeln Reaktionen zum Rücktritt und dass die Bischöfe da sind, ist bloß Zufall.
Benedikts Rücktritt - die Reaktionen
Sie sind wegen des Weltkrankentags sowieso im nahegelegenen Altötting. Dort haben sie Bischof Wilhelm Schraml eine Reliquie des verstorbenen Johannes Pauls II. überreicht – ein Tropfen Blut vom Talar des Papstes, den er beim Attentat 1981 trug. Der spätere Besuch in Marktl stand lange als Programmpunkt ihrer Reise fest.
Der Bürgermeister begrüßt sie vorm weiß-gelb gestrichenen Geburtshaus des Papstes. Hubert Gschwendtner hat noch eine Sitzung vor sich, genau wie an jenem frohen Tag im Jahr 2005, als Joseph Ratzinger Papst wurde. „Eine Gemeinderatssitzung, keine Faschingssitzung“, betont er. Seine Laune ist eigentlich ganz gut.
Die Entscheidung des Papstes respektiere er natürlich – auch wenn sie „überraschend“ kam. Der Rücktritt werde dem Dorf aber nicht schaden. „Die Grundlagen sind gelegt, dass Marktl ein Ort der Begegnung geworden ist“, sagt Gschwendtner. Jedes Jahr kämen 100000 Menschen in den 2700-Einwohner-Ort.
In den ersten beiden Jahren des Pontifikats waren es doppelt so viel, aber das ist ja auch lang her. Touristenströme in Marktl – das wird auch künftig so sein, glaubt der SPD-Mann. Rücktritt hin oder her, „wir sind ja Papstgeburtsort, und das ist in Deutschland nicht die Regel“. Und: „Ich weiß von unserer Partnerstadt Wadowice, wo Papst Johannes Paul II. geboren ist, dass sich nach seinem Tod die Besucherzahlen verdreifacht haben.“
Pfarrer Josef Kaiser ist ein bisschen traurig, kann’s aber verstehen: „Er ist eben konsequent“, sagt der 62-Jährige, der Benedikt 2006 als Marktls geistlicher Vertreter empfing. „Er hat es sicher nicht aus Jux und Tollerei gemacht, da muss man Respekt haben vor.“ Auch er glaubt, dass die Touristen weiterhin kommen werden: „Wir haben das einzige Geburtshaus und einzige Taufbecken eines deutschen Papstes.“ Nicht nur das: In der Touristen-Information im Bürgerhaus am Marktplatz gibt es von Postkarten über Poster zu Prospekten so ziemlich alles.
Vier Marktler arbeiten seit 2005 hier – die Praktikanten nicht mitgezählt. Papst Benedikt hat Jobs geschaffen. Hanni Schneidermeier, die hier arbeitet, findet den Rücktritt „sehr überraschend“. Sie sagt auch: „Es tut uns leid, dass es so gekommen ist.“ Ob sie damit den Rücktritt meint oder sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz macht, ist nicht ganz klar.
Selbst die Backwaren des Ortes sind benediktinisch: Bäckermeister Ralf Winzenhörlein verkauft in seinem Laden seine berühmten „Benedikt-Schnitten“ oder das „Vatikan-Brot“, ein Mischbrot-Laib mit einem großen weißen Kreuz aus Mehl (2 Euro). Aber: Der Tag des Rücktritts ist gleichzeitig Rosenmontag – da gehen Krapfen besser.
„Der Verkauf hat in den vergangenen Jahren eh nachgelassen“, sagt Winzenhörlein. Dass Marktl in letzter Zeit eher selten im Zentrum der Öffentlichkeit stand, offenbart auch der Kommentar einer Kundin. Leicht schnippisch meint sie: „Kaum tritt der Papst ab, san’s scho wieder alle do.“
- Themen:
- Benedikt XVI
- Päpste