Diana Boettcher im AZ-Interview: Offene Kommunikation hilft auch in Sachen Ferienflirt

Diana Boettcher (www.diana-boettcher.de) ist Paartherapeutin in Berlin.
AZ: Frau Boettcher, warum wird im Urlaub besonders gern geflirtet?
Diana Boettcher: Im Urlaubsmodus sind wir in der Regel raus aus unserem Alltagsrädchen und allein dadurch schon insgesamt entspannter. Wir fühlen uns dann freier, gelassener und sind dann manchmal sogar auch mutiger, besonders was den Kontakt zu anderen, fremden Menschen anbelangt. Der neue Kontakt, der am Urlaubsort entsteht, wird als lockerer empfunden, vor allem auch deshalb, weil wir uns über spätere Verpflichtungen – erstmal – keine Gedanken machen. Intention eines Urlaubsflirts ist meistens auch ein Kontakt auf sexueller Ebene: ein Abenteuer, das sexuelle Bedürfnisse ohne Verliebtheitsgefühle befriedigt.
Wie beurteilen Sie die Chancen eines Urlaubsflirts – kann das auf Dauer halten?
Eine Urlaubsliebschaft kann unter bestimmten Umständen auch über die gemeinsame Urlaubszeit hinaus halten. Beide sollten hierfür über eine gewisse Zeit bereit sein, eine Fernbeziehung zu führen. Dabei hat sich gezeigt: Je weiter entfernt die Partner voneinander leben, desto größer ist der Aufwand und desto geringer ist die Beziehungsdauer. Soll es eine gemeinsame Zukunft für beide geben, so muss nach der Verliebtheitsphase geklärt werden, an welchem Ort beide gemeinsam leben wollen und wann aus der Fernbeziehung eine Nah-Beziehung werden soll.
Diana Boettcher: "Die Art der Kommunikation ist ausschlaggebend"
Welche Probleme machen solchen Pärchen besonders zu schaffen?
Wenn aus dem lockeren Grundgefühl im Urlaub im Alltag wieder ein angespanntes und gestresstes wird, so leidet auch die Beziehung darunter. Meistens lernt man sich im Urlaub sehr schnell und intensiv kennen: Man trifft sich jeden Tag und kann sich voll und ganz der gemeinsamen Zeit hingeben. Im Alltag gibt es dagegen Arbeitszeiten, Termine, Familie, Freunde und Hobbys. Wenn ein Paar erwartet, dass es sich mit dem Partner daheim genauso anfühlt wie im Urlaub, dann kommt es zu einer großen Enttäuschung. Und nicht selten führt das auch zu einem sogenannten Realitäts-Check: Hier wird dann die rosarote Brille abgesetzt – und die eher unattraktiven Seiten des Partners treten in den Vordergrund.
Haben Sie Tipps, wie es mit einer Bekanntschaft aus dem Urlaub im Alltag klappen kann?
Wie in jeder anderen Beziehung, egal, ob im Urlaub kennengelernt oder in der Bar nebenan, ist die Art der Kommunikation ausschlaggebend. Eine offene und ehrliche Kommunikation über die eigenen Gedanken und Gefühle ist das A und O einer zufriedenen und langen Partnerschaft. Konflikte sind ein wichtiger und vor allem ein nicht vermeidbarer Bestandteil einer sozialen Bindung. Eine konstruktive Auseinandersetzung damit bindet ein Paar fester aneinander. Meine Tipps für die Zeit nach dem Urlaub: Sprechen Sie offen über den Status Ihrer Beziehung. Das heißt: Räumen Sie sich zu Hause noch eine lockere Kennenlernphase ein – oder binden Sie sich verbindlich an Ihren Partner? Wie häufig wollen Sie sich im Alltag treffen? Teilen Sie mit Ihrem Partner Ihre Erwartungen und Enttäuschungen, aber auch Ihre Bedürfnisse und Wünsche.
Was ist speziell bei einer Fernbeziehung wichtig?
Man sollte vorher darüber sprechen, wie häufig und über welches Medium Sie mit dem anderen aus der Ferne in Kontakt kommen wollen. Und wie oft wollen und können Sie sich treffen? Ein regelmäßiger Besuchswechsel ist wichtig, so dass jeder an der Alltagswelt des anderen teilhaben kann. Auch über die finanzielle Belastung muss man sprechen, die eine Fernbeziehung mit sich bringt – und über die emotionale auch.