Wir Bayern merken es sofort, wenn wir zu einem Kurzbesuch nach Österreich düsen und einen Topfenstrudel bestellen, ein Sackerl angeboten bekommen oder auf dem Abfalleimer Mist steht: Deutsch hat viele Facetten. Und Wörter. Egal ob in Deutschland, Österreich, der Schweiz oder auch in Luxemburg. Insgesamt wird in sieben Ländern Deutsch als Amtssprache anerkannt.
Freilich gibt es überall Dialekte, aber auch in der jeweiligen Standardsprache existieren Ausdrücke und Redewendungen, die Besucher erstmal stutzig werden lassen. Genau damit beschäftigt sich ein neues Buch des Duden-Verlages. Wo welche Begriffe gebräuchlich sind, hat Christa Dürscheid in "Wie sagt man wo?" in kurzen Absätzen systematisiert.
Eine kurzweilige sprachliche Reise
Insgesamt hat die Linguistin darin 360 Alltagsbeobachtungen rund um Wortschatz und Grammatik festgehalten, von der Semmel bis zur Gelben Rübe, vom Hättiwari bis zum Aufsteller. Diese sprachliche Reise ist kurzweilig und hilft vielleicht sogar beim nächsten Urlaub in einem deutschsprachigen Land.
Übrigens gibt es nicht nur zig verschiedene gleichbedeutende Wörter innerhalb des deutschsprachigen Raums. Manche Begriffe sind so einzigartig im Deutschen, dass es im Englischen gar keine Übersetzung dafür gibt. Beispiele gefällig? "Dreikäsehoch, Kummerspeck, Torschlusspanik, Fernweh, Erklärungsnot, innerer Schweinehund, Kuddelmuddel."
Im Folgenden einige Beispiele (für die Erklärung einfach auf den Begriff klicken):
Das geht sich aus
In Österreich eine beliebte Redewendung. In Deutschland würde man stattdessen vermutlich sagen: Das haut gerade noch hin.
Erkennungstafel
Dieses Wort kommt aus dem deutschsprachigen Luxemburg und meint eine "an Fahrzeugen sichtbar angebrachte Tafel mit einem amtlichen Kennzeichen" – also kurz: das Nummernschild.
gell
Die Wörtchen "gell" oder "ne" hängt man im Gespräch oft ganz unbewusst hintenan. Aber nicht überall. Christa Dürscheid bezieht sich auf den Atlas zur deutschen Alltagssprache und darin heißt es, dass es bei "ne" und "gell" "einen auffälligen Gegensatz zwischen einem nördlichen und einem südlichen Teil des deutschen Sprachgebiets gibt".
Im Norden sagt man tendenziell "ne", im Süden "gell". Das allerdings wieder in verschiedenen Ausspracheformen: gel/ge/gö/ gä/gäu. "Hinzu kommt ein ganzes Spektrum weiterer Formen, zum Beispiel oder, wa, nich wahr, stimmt's, woll."
Aufsteller
Wenn Sie jetzt an einen Pappkarton-Aufsteller denken, ist das in Deutschland nicht ungewöhnlich. In der Schweiz dagegen ist ein Aufsteller "ein Anlass für gute Laune", heißt es in dem Buch. "Das Wort ist in der Schweiz gebräuchlich – und zwar sowohl im Dialekt als auch im Standarddeutschen."
am Programm
Was steht am Wochenende am Programm? In Österreich ist das normal, dagegen wird im gesamten restlichen deutschsprachigen Raum fast ausnahmslos "auf dem Programm" verwendet.
Abiturientinnen
Klar, dieses Wort ist in Deutschland geläufig. In der Schweiz nennt man sie Maturandinnen und in Österreich sind sie Maturantinnen.
Hättiwari
Bei unseren Nachbarn in Österreich gibt es die Bezeichnung Hättiwari. Damit ist jemand gemeint, der ständig überlegt, ob er etwas hätte anders tun können. "Wie wir sehen, wird dieses Wort mit dem Verb hätte (Hätt-i ) gebildet. Anstelle einer solchen Konjunktivform verwendet man im Deutschen oft eine Umschreibung mit würde."
Als Beispiel werden die Sätze "Ich hätte, ich würde haben; ich käme, ich würde kommen; Ich wäre, ich würde sein" angeführt. Demnach wäre in Deutschland ein Hättiwari ein Würdiwari.
buckeln
Für das Verb arbeiten hat die deutsche Sprache unzählig viele (umgangssprachliche) Bezeichnungen entwickelt. Eine Auswahl wird von Christa Dürscheids Buch aufgeführt: malochen, schaffen, krampfen, schuften, hackeln, buckeln, rackern.
Meinig
Hoffnig, Stornierig, Meinig – noch nie gehört? Im Schweizerdeutsch werden so Hoffnung, Stornierung und Meinung variiert. Im Buch heißt es: "Wer Schweizerdeutsch lernen möchte, kann sich als Faustregel merken: -ung wird zu -ig." Obacht: Es gibt Ausnahmen: Entschuldigig zum Beispiel gebe es nicht.
Christa Dürscheid: Wie sagt man wo? Erstaunliche Sprachvielfalt von Amrum bis ins Zillertal, 10 Euro, Duden Verlag.