Der Todeskampf der Kinder aus Darry
Sie haben geweint, gekratzt und gebissen und konnten sich dennoch nicht gegen ihr Schicksal wehren. Bei dem Auftakt des Gerichtsverfahrens zum Tod der fünf Geschwister wurden erschütternde Details bekannt.
Drei der fünf Kinder aus Darry (Schlwesig-Holstein) haben sich vor ihrem Tod verzweifelt gewehrt. Bei ihnen schlugen Schmerz- und Schlafmittel nicht an, mit denen ihre Mutter sie betäubte. Sie haben geweint, gekratzt und gebissen. Doch vergeblich: Ihre Mutter zog dennoch die Plastiktüten über ihre Köpfe und erstickte sie.
Diese erschütternden Details über den Tod der fünf kleinen Büder Aidan (3), Ronan (5), Liam (6), Jonas (8) und Justin (9) schockierten am Freitag zum Prozessauftakt gegen die 32-Jährige in Kiel nicht nur die Zuhörer: Der amerikanische Vater der drei jüngsten Brüder brach schluchzend zusammen und musste von seiner Anwältin und einer Betreuerin immer wieder gestützt werden. Der 35-Jährige tritt auch als Nebenkläger auf. Am Tattag hatte seine Frau ihn nach Berlin zu Freunden geschickt. Am ersten Verhandlungstag musste der schmächtige Mann minutenlang das Blitzlichtgewitter der Fotografen und Fernsehteams ertragen.
Kein Blickkontakt zwischen Vater und beschuldigter Mutter
Mit starrem Blick und angehaltenem Atem hatte der von der Familientragödie sichtbar gezeichnete Vater seine Frau fixiert, als sie leichenblass den Saal 232 des Landgerichts Kiel betrat und er sie das erste Mal seit dem Verbrechen wiedersah. Der Vater lebt inzwischen wieder in dem Haus in dem seine Kinder starben. Die der vorsätzlichen Tötung ihrer Kinder Beschuldigte blickte nur mit gesenktem Kopf Richtung Richterbank. Auch als ihre Mutter als Zeugin erschien, aber die Aussage vor Gericht verweigerte, zeigte sie keine Regung. Zu dem Vorwurf des Totschlags wollte sich die junge Frau selbst nicht äußern. Sie habe die Kinder «wahrscheinlich am 4. Dezember getötet, ohne Mörderin zu sein», erklärte zuvor Staatsanwalt Michael Bimler. Die Tat habe sich im Keller des Einfamilienhauses abgespielt, wo die Beschuldigte ihre Söhne nebeneinander auf ein Matratzenlager gebettet hatte. Leise und kaum vernehmbar gab sie nur persönliche Daten an. Schilderungen von Polizeizeugen und Briefe, in denen sie nach dem Verbrechen in einer psychiatrischen Klinik die Tat gestand und um Verzeihung bat, zeigten das Ausmaß des Dramas, das bundesweit Entsetzen und Fassungslosigkeit auslöste.
Befehl vom «Dämon»
«Ich habe das nicht gewollt», schrieb die junge Frau. Stimmen aus dem Jenseits, vor allem von einer «Nathalie», hätten sie aber in die Verzweiflung getrieben und zur Tat gezwungen. Diese «Nathalie» - «ein Dämon in Menschengestalt» - habe gedroht, ihren Kindern etwas anzutun, nur im Jenseits seien sie sicher. Wegen einer «paranoiden Schizophrenie», gilt die 32-Jährige laut Bimler als schuldunfähig. Sie sei «wegen einer krankhaften seelischen Störung unfähig» gewesen, das «Unrecht ihrer Taten einzusehen». Ziel des Sicherungsverfahrens ist deshalb die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie. Vor Gericht wird sicher auch die Frage eine Rolle spielen, ob es trotz der umfangreichen behördlichen Unterstützung der Familie Mängel in der Betreuung gab, wie der Vater behauptet. Zum Prozessauftakt lehnte er eine Stellungnahme ab. Ende Februar hatte er in einem Fernsehbericht schwere Vorwürfe gegen seine Frau und die Behörden erhoben. Er habe sich wegen ihrer Wahnvorstellungen mehrfach an die Behörden gewandt, doch die hätten ihn allein gelassen. (dpa)
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