Der Porno-Priester

Ein katholischer Geistlicher aus Sachsen-Anhalt sammelte mehr als 4000 kinderpornografische Fotos. Trotzdem kommt er mit einer milden Strafe davon: Ein Jahr Gefängnis – auf Bewährung
Michael Heinrich |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Hinter seinen Händen und unter einer Mütze verbirgt sich der angeklagte Geistliche vor Gericht.
dpa Hinter seinen Händen und unter einer Mütze verbirgt sich der angeklagte Geistliche vor Gericht.

 

Ein katholischer Geistlicher aus Sachsen-Anhalt sammelte mehr als 4000 kinderpornografische Fotos. Trotzdem kommt er mit einer milden Strafe davon: Ein Jahr Gefängnis – auf Bewährung

BITTERFELD-WOLFEN Der Mann im schwarzen Talar führte ein scheußliches Doppelleben. Während der katholische Geistliche als Vikar in der Seelsorge des Bistums Magdeburg tätig war und sogar Gemeindepfarrer vertreten hatte, hütete er in seiner Wohnung ein schmutziges Geheimnis: Auf einer externen Festplatte hatte er mindestens 4000 Fotos mit kinderpornografischem Inhalt gespeichert. Der 40-Jährige wurde gestern vom Amtsgericht in Bitterfeld-Wolfen zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt – auf Bewährung.

Es war eine konzentrierte europaweite Fahndung: Seit 2006 waren Staatsanwälte und Polizisten den Hintermännern einer Tauschbörse für Kinderpornografie im Internet auf der Fährte gewesen. Diese „Operation Tornado“ war ein voller Erfolg: Im Lauf der Jahre wurden insgesamt rund 60000 Kundenkonten aus 146 Ländern ausgewertet und gesammelt. Darunter befanden sich auch zwischen 2000 und 5000 Accounts aus Deutschland. Bei einigen Betroffenen wurden anhand der Kreditkarte die Adresse ausfindig gemacht und die Wohnungen durchsucht. Diese Daten brachten die Fahnder auch auf die Spur des Geistlichen aus Sachsen-Anhalt.

Die Wohnung des Vikars war im Jahr 2011 durchsucht worden. Dabei wurden die verbotenen Fotos entdeckt. „Er hatte gezielt danach gesucht und alle Bilder behalten. Er hat fleißig gesammelt und sortiert“, sagte der Staatsanwalt im Plädoyer über den Angeklagten. „Für mich ist das ein besonderer Fall“, sagte gestern Richter Stefan Wilke. Beklemmend sei die Vielzahl der Bilder.

„Bei 4000 hörten die Ermittler auf zu zählen“, sagte er zur Urteilsbegründung. Je mehr dieser Bilder nachgefragt und gekauft würden, desto größer sei der Anreiz für Produzenten, diese Aufnahmen zu machen, sagte der Richter. Der Angeklagte nahm das Urteil regungslos auf. In einer Erklärung seines Anwaltes hatte er die Tat zuvor gestanden, sich aber nicht persönlich geäußert. Zusätzlich zur Bewährungsstrafe muss der 40-Jährige eine Geldbuße von 2400 Euro an den Kinderschutzbund zahlen.

Nach Ansicht vieler Prozessbeobachter eine insgesamt milde Strafe. Allerdings muss der Geistliche auch noch mit beruflichen Konsequenzen rechnen. Das Bistum Magdeburg hatte ihn bereits kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe beurlaubt und in ein Kloster gesteckt. Jetzt wird ein Gericht im Vatikan über ihn urteilen.

 

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.