Der harte Handel mit den schönen Rosen
Hungerlöhne für die Arbeiter und Chemikalien bei der Aufzucht: der Handel mit den dornigen Schönen hat auch seine dunklen Seiten - Rosen, die Lieblingsblumen der Deutschen.
Es müssen ja nicht immer nur die roten Rosen sein.“ Die Standl-Frau vom Viktualienmarkt und der Händler vom Blumengroßmarkt sind sich einig. „Aber zum Valentinstag sind sie natürlich der Renner.“
Hier wird natürlich nicht darüber geredet, dass der Handel mit den dornigen Schönen auch seine dunklen Seiten hat, dass viele Blumen unter zweifelhaften Bedingungen gezüchtet werden. Hier erfreut man sich an Rosen und Co. Ohne Wenn und Aber.
Stolzer Preis
Lothar Weidner, Schnittblumenhändler auf dem Münchner Blumengroßmarkt, zeigt auf Kübel mit langstieligen roten Rosen: „Red Naomi und Grand Prix, das sind zurzeit die Favoriten.“ Bis zu 90 Zentimeter lang und mit einer Blüte so groß wie eine Kinderfaust. Auch ihr Preis ist stolz: fünf Euro.
„Allein bei uns gehen jetzt etliche hunderttausend Rosen weg“, rechnet Günther Herzog, Leiter des Münchner Blumengroßmarkts, vor. „600 gewerbliche Käufer haben wir jetzt täglich, sonst sind es höchstens 300.“
Nur Aktien gehen schneller
48 Stunden sind die Naomis unterwegs, wenn sie auf dem Großmarkt verkauft werden, ununterbrochen gekühlt auf vier Grad. Damit ist der Blumenmarkt weltweit am schnellsten, nur Aktien gehen schneller weg. Hauptproduktionsland für die großen Edelrosen ist Ecuador, weniger prominente Exemplare kommen vor allem aus Kenia – und nicht, wie viele meinen, Holland. 40 Euro pro Jahr gibt jeder Deutsche für Blumen aus – am liebsten für Rosen.
Doch nicht nur für hiesige Floristen, auch für die weltweit rund 200000 Arbeiterinnen auf den Farmen ist der Valentinstag der pure Stress: 36-Stunden-Schichten, Löhne von einem Cent pro Stiel und massiver Einsatz von Chemikalien. Vor allem gegen Insekten wird Gift gespritzt. Von manchen der eingesetzten Stoffe ist bekannt, dass Kinder, deren Eltern auf Blumenfarmen arbeiten, „auffällig“ sind.
Nachgewiesene Todesfälle
Auch Fruchtbarkeitsstörungen und sogar Todesfälle sind nachgewiesen, so Susan Haffmans, Expertin beim „Pestizid Aktions-Netzwerk“ (www.pan-germany.org). Zwar können die Gifte nicht ganz abgeschafft werden, aber es ist möglich, weniger zu verspritzen und gleichzeitig die Arbeiterinnen besser zu schützen. Dass das bei gleicher Qualität und gleichen Preisen geht, zeigen mittlerweile über zehn Prozent aller Farmen, die ein Siegel des „Flower Label Program“ (FLP, www. fairflowers.de) tragen – in Ecuador sind es sogar noch wesentlich mehr. Mit dem Zertifikat hat der Käufer die Sicherheit, dass bestimmte Krebs erregende Gifte gar nicht benutzt, bei den Arbeitsbedingungen Mindeststandards eingehalten und keine Kinder beschäftigt werden.
61 Floristen in München bieten diese „fairen“ Blumen an. Und auch in vielen Rewe-, Toom- und Tengelmann-Supermärkten sind fair gehandelte Blumen zu haben, die „fairfleurs“ der Organisation Fairtrade.
Am Großmarkt geht’s vor allem um die Freude, die Blumen machen. Dort sagt man: „Blumen sind sexy, Schokolade macht dick!“
Klaus Dreyer
- Themen:
- Viktualienmarkt