Der digitale Flohmarkt

Wer seine LPs und CDs nicht mehr mag, der verkauft sie weiter. Was aber tun mit MP3s? In Amerika startet bald der Online-Flohmarkt „bopaboo“ - dort können gebrauchte MP3s veräußert werden.
Früher war das so: Änderte sich der Musikgeschmack oder wurde man von der Freundin verlassen, packte man einfach alle LPs in eine Kiste, trug sie zum Flohmarkt und verkaufte sie. Viel blieb nicht, aber immerhin etwas – und die musikalische Vergangenheit oder die traurigen, vinylgepressten Erinnerungen waren verschwunden. Das funktionierte auch dann noch ziemlich gut, als CDs in Mode kamen.
Und heute? Tausende Musikstücke lagern auf der Festplatte oder MP3-Playern, und macht man sich daran, Ordnung auf selbiger zu schafffen, bleibt nur ein Weg: Die MP3s zur Löschung ins ewige Festplatten-Nirvana zu schicken.
Damit soll Schluss sein: In Amerika startet bald der Online-Flohmarkt „bopaboo“ – eine Tauschbörse für gebrauchte MP3s. „Stoppt das illegale Verbreiten und beginnt mit dem legalen Verkaufen“, steht auf der Homepage. Ein ehrenwertes Ansinnen der Macher – doch die wollen mit ihrer Technologie auch Geld verdienen. Die Preise für die einzelnen Songs sollen laut Betreiber zwischen 25 und 99 US-Cent liegen – in Euro rund 18 beziehungsweise 70 Cent. Davon kassiert „bopaboo“ 20 Prozent. Außerdem sollen auch „neue“ MP3s angeboten werden. Nutzer, die ihre eigene Musik verkaufen, können im Gegenzug den Erlös in andere MP3s investieren.
2009 soll "bopaboo" starten
Damit ein Musiktitel nicht mehrmals verkauft wird, versieht ihn „bopaboo“ beim Hochladen auf die Tausch-Plattform mit einem digitalen Fingerabdruck. Die Technologie, die dahinter steckt, will der Anbieter zum Patent anmelden. Verkauft werden dürfen nur Musikstücke ohne Kopierschutz – den gibt es zum Beispiel bei Apples iTunes-Store.
Derzeit befindet sich „bopaboo“ noch in der Testphase, die Beta-Version ist nur Nutzern aus Amerika und Großbritannien zugänglich. Und auch über einen Starttermin geben die Macher keine Auskunft, voraussichtlich wird es nächstes Jahr losgehen.
Denn rechtlich dürfte noch einiges zu klären sein – obwohl sich bopaboo-Gründer Alexander Meshkin auf die amerikanische „First-Sale-Doktrin“ beruft. Dieses Gesetz erlaubt rechtmäßigen Käufern eines geschützten Werks, den entsprechenden Medienträger weiterzuverkaufen oder zu verleihen. Amerikanische Juristen kritisieren das Modell heftig. Das Argument: Dem Wiederverkaufsrecht unterlägen CDs oder Kassetten, nicht aber MP3s. Denn niemand könnte kontrollieren, dass der Musikbesitzer die verkauften Stücke tatsächlich von der Festplatte löscht. Wenn „bopaboo“ in den USA Erfolg hat, könnte es den Dienst ab 2010 auch in Deutschland geben.
Christoph Landsgesell