Das Luxus-Leben der Piraten

Sie haben 20 Schiffe und mehr als 300 Seeleute in ihrer Gewalt. Die Seeräuber vor Somalia haben in einem Jahr rund 120 Millionen Euro erbeutet
von  Abendzeitung
Krieg im Golf von Aden: Dieses Piratenschiff ging nach dem Beschuss durch eine indische Fregatte in Flammen auf.
Krieg im Golf von Aden: Dieses Piratenschiff ging nach dem Beschuss durch eine indische Fregatte in Flammen auf. © dpa

Sie haben 20 Schiffe und mehr als 300 Seeleute in ihrer Gewalt. Die Seeräuber vor Somalia haben in einem Jahr rund 120 Millionen Euro erbeutet

NAIROBI Wenn sie nicht gerade „arbeiten“, leben Somalias Piraten in Saus und Braus. Dicke Autos, rauschende Feste in üppigen Villen, die neuesten Handys und die schönsten Frauen gehören zum festen Lebensstandard der Männer, die dank ihrer Beutezüge auf dem Meer inzwischen zu den Neureichen am Horn von Afrika zählen. Kein Wunder bei ihren „Einkünften“: Nach kenianischen Angaben haben sie in den letzten zwölf Monaten umgerechnet rund 120 Millionen Euro erbeutet.

Sogar die Seeräuber-Region Puntland profitiert von dem „Geschäft“: Ehemalige Piratenstützpunkte wie Harardhere, Eyl oder Garowe sind richtige „Boomtowns“ geworden, in denen im Unterschied zum Rest von Somalia der pure Luxus herrscht.

Doch die Piraterie hat nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine politische Dimension. Nach Ansicht westlicher Geheimdienste ist das Ausmaß der Seeräuberei im Golf von Aden nur möglich, weil das Terrornetzwerk El Kaida den Freibeutern massive logistische Unterstützung gewährt.

Die Geheimdienste vermuten, dass die Terroristen so nach dem Irak und Afghanistan eine dritte Front gegen den Westen aufbauen wollen. Die Rechnung scheint bereits aufgegangen zu sein.

In die Gewässer vor Somalia haben verschiedene Staaten Kriegsschiffe entsandt, allein die Nato hat vier Schiffe im Einsatz Deutschland will bis zu 1400 Soldaten in die Region entsenden. Jüngst kam es zur ersten massiven Konfrontation: Nachdem die indische Fregatte „INS Tabar“ von einem Piraten-„Mutterschiff“ beschossen worden war, feuerten die Marinesoldaten zurück, das Piratenschiff explodierte.

Die Lage ist unübersichtlich, doch nach Schätzungen haben die Piraten derzeit knapp 20 Schiffe und rund 340 Seeleute in ihrer Gewalt. Die AZ dokumentiert spektakuläre Fälle:

Die Kaperung eines Frachters aus dem Jemen ist der jüngste Fall. Der Kontakt zu dem Schiff riss am vergangenen Dienstag ab. Die „Adina“ befand sich zu der Zeit seit einer Woche im Arabischen Meer.

Der saudische Öl-Konzern Aramco rechnet damit, dass die somalischen Piraten den Mitte November gekaperten Supertanker „Sirius Star“ in den kommenden Tagen freigeben. Voraussichtlich werde ein Lösegeld von zwei bis drei Millionen US-Dollar. Ursprünglich waren 25 Millionen Dollar verlangt worden.

Nur drei Tage nach der „Sirius“ hatten Seeräuber einen Frachter aus Hongkong mit 25 Besatzungsmitgliedern in ihre Gewalt gebracht.

Sie machten auch nicht vor einem kleinen Fisch-Trawler aus dem Pazifikinsel-Staat Kiribati Halt, der mit 12 Matrosen durch die Region schipperte.

36000 Tonnen Weizen hat der iranische Frachter „Delight“ geladen, der am Dienstag vor einer Woche gekapert wurde.

Nur einen Tag später war es ein thailändisches Fischerboot mit 16 Seeleuten, dass die Somalier in ihre Gewalt brachten.

Rekordverdächtig lange war ein griechischen Tanker und seine 19-köpfige Besatzung in der Hand der Freibeuter. Die 9000 Tonnen große „Genious“ war im September überfallen worden. Alle Besatzungsmitglieder wurden am Sonntag freigelassen, ob Lösegeld gezahlt wurde ist nicht bekannt.

Doch manchmal können auch Piratenüberfälle verhindert werden: Die deutsche Fregatte „Karlsruhe“ vereitelte letzte Woche den Angriff von acht Piraten-Schnellbooten auf den britischen Tanker „Trafalgar“. Michael Heinrich

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