Darmerkrankung: Wie kann ich mich schützen?
Erreger auf Import-Ware gefunden – aber eine Entwarnung ist das noch nicht. Die AZ erklärt die wichtigsten Fragen um den Killer-Keim und wie man sich vor ihm schützen kann.
München - Der gefährliche Durchfallerreger EHEC ist in Hamburg an vier Salatgurken nachgewiesen worden. Drei der Gurken stammten aus Spanien, von der vierten ist die Herkunft vorerst noch unklar, so die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. Die belasteten Gurken stammen von Proben aus dem Hamburger Großmarkt. Drei der Gurken kamen von zwei spanischen Zulieferern. Bei einer der Gurken handelt es sich um ein Bio-Erzeugnis. Die AZ beantwortet alle wichtigen Fragen:
Heißt das Hamburger Untersuchungsergebnis, dass Salat und Tomaten, vor denen ja auch gewarnt wurde, sicher sind?
Nein. Die Experten vomRobert-Koch-Institut geben noch keine Entwarnung für andere mögliche Quellen. Also: Vorsicht auch bei anderen Gemüsen, diese auf jeden Fall gründlich waschen oder schälen.
Wie erfahre ich, woher das Gemüse stammt?
Auf den Etiketten oder Warenschildern muss das Herkunftsland angegeben sein. Für die Regionen (also zum beispiel Norddeutschland) gibt es keine Kennzeichnungspflicht. Es gibt aber Hersteller, die auch die Region anführen. Die Herkunftsangaben müssen stimmen, dies wird von der Lebensmittelaufsicht regelmäßig überprüft.
Ist Treibhausware sicherer als Gemüse aus dem Freiland?
Im Prinzip ja, denn in Treibhäusern wird nicht mit Gülle gedüngt. Wenn der EHEC-Befall allerdings durch verunreinigtes Wasser enstanden (was noch nicht ausgeschlossen wird), dann kann auch Ware aus dem Treibhaus betroffen sein. Im übrigen besteht für den Handel keine Pflicht, zu ettiketieren, wie das Gemüse gezogen wurde.
Stimmt es, dass mit Gülle in der Erntezeit nicht gedüngt wird?
Ja, die Düngung erfolgt vor dem ersten Keimen. Bei anhaltender Trockenheit können eventuelle Keime aus ihr dann aber trotzdem an die Früchte gelangen. Der EHEC-Erreger kann mehrereWochen überdauern.
Ist Tiefkühlkoste eine sichere Alternative?
Abgesehen davon, dass Gurken, Tomaten und Salat nicht eingefroren werden können, überlebt der EHEC-Keim auch sehr tiefe Temperaturen.
Was ist mit Gemüse aus dem eigenen Garten?
Bei Gemüse aus dem eigenen Garten geht die Meinung der Experten auseinander. Das Bundesamt für Risikobewertung gibt keine generelle Entwarnung für selbst angebautes Gemüse. Man könne nie wissen, welche Keime sich dort festsetzten, sagte eine Sprecherin. Keime könnten in der Umwelt grundsätzlich überall vorkommen. Auch eigenes Gartengemüse soll vor dem Verzehr gewaschen werden.
Wo befinden sich die Erreger?
Nur außen auf der Oberfläche. Gründliches Waschen oder Schälen beseitigt die Infektionsgefahr. Allerdings sollten sie das Schälmesser sofort abspülen, bevor sie es für andere Lebensmittel verwenden.
Kommen außer den genannten Gemüsen auch noch andere Lebensmittel als Infektionsverursacher in Frage?
Ja. Denn der Zusammenhang mit Salat, Tomaten und Gurken ist nur eine Vermutung nach der Befragung erkrankter Personen. Quelle der EHEC-Keime können auch verunreinigtes Wasser, Fleisch, Milch oder Käse sein.
Welche Regionen sind betroffen?
Erkrankungsfälle werden aus allen Bundesländern (außer Rheinland-Pfalz) gemeldet. Schwerpunkt ist aber eindeutig Norddeutschland mit Hamburg und Schleswig-Holstein. Inzwischen ist die Darmkrankheit auch in Großbritannien, Schweden, Dänemark und den Niederlanden aufgetreten.
Wie viele Menschen sind Opfer des Darm-Keimes?
Es gibt drei bestätigte Todesfälle. In Hamburg wurde ein 38-Jähriger tot in seineer Wohnung gefunden – vermutlich ebenfalls an EHEC gestorben. Mindestens 240 Patienten liegen auf Intensivstationen und ringen mit dem Tode. Die Zahl der Erkrankungen kann nur geschätzt werden, weil die Krankheit auch leichtere Verläufe nehmen kann und dann unter Umständen nicht als EHECInfektion erkannt wird. Eindeutig registriert sind 600 Fälle.
Wie groß ist die Ansteckungsgefahr?
Der Erreger ist hoch ansteckend: Weniger als 100 EHEC-Keime reichen aus, um einen Menschen zu infizieren. Das Bakterium findet sich vor allem im Kot Cvon Wiederkäuern wie Ziegen, Rindern, Schafen oder Rehen. Direkter Kontakt mit den Tieren ist ein Übertragungsweg. Aber auch der Verzehr von Obst und Gemüse kann – wie im aktuellen Fall – zu Infektionen führen, weil Anbauflächen mit Gülle gedüngt werden. Möglich ist auch eine Übertragung von Mensch zuMensch. Die Bakterien werden mit dem Stuhl ausgeschieden und haften bei schlechter Hygiene zum Beispiel an Händen.
Wo bekomme ich genau Informationen über die Darmerkrankungen in Zusammenhang mit EHEC?
Die Apotheken sind von ihren Bundesvereinigungen angewiesen worden, den Kunden genaue Auskünfte zu geben. Außerdem ist ein Infoblatt in Vorbereitung, das im Internet unter www.abda. de abgerufen werden kann.
EHEC-Erkrankungen gibt es immer wieder, warum ist der jetzt auftretende Keim so gefährlich?
Das Uniklinikum Münster hat den Erreger identifiziert und festgstelllt, dass die aktuelle Variante besonders resistent ist und auf meherere Antibiotika, zum beispiel Penicillin nicht anspricht.
Wie wirkt sich die Sorge der Verbraucher auf die Gemüse-Produzenten aus?
„Katastrophal“, sagt Andreas Brügger vom Fruchthandelsverband. Lebensmittelketten und Kantinen würden pauschal Ware zurückweisen.
Wie reagiert die Politik? Die deutsche Verbraucherschutzministerin nannte die Zunahme der EHEC-Fälle besorgniseeregend und begrüßte die Warnung des Robert-Koch-Institutes vor den drei Gemüsen. Die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden der Länder wurden vomMinisterium über die neue Entwicklung informiert und werden sich bei den weiteren Untersuchungen auf die verdächtigen Lebensmittel konzentrieren. „Es gilt jetzt schnellstmöglich die genaue Herkunft der belasteten Waren zu klären“, sagte ein Sprecher. Die EU erwägt, europaweit die Alarmstufe 1 auszurufen. Bei der werden alle EUStaaten aufgerufen, Maßnahmen zum Schutz ihrer Bevölkerung einzuleiten.
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