Bundesweite Razzien: Gegen Islamisten und in Bordellen
STUTTGART - Razzien in Deutschland: Die Polizei durchsuchte bundesweit Wohnungen von mutmaßlichen Islamisten. Auch Bordelle waren das Ziel am Mittwoch - dort wurde nach Opfern von Menschenhandel gesucht.
Bei einer bundesweiten Razzia gegen die islamistische Szene sind am Mittwoch 43 Wohnungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen durchsucht worden. Sieben Personen wird zur Last gelegt, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, wie das baden-württembergische Landeskriminalamt in Stuttgart mitteilte. Die Verdächtigen sollen neu geworbene Glaubensbrüder und Konvertiten für islamistische Gruppierungen vermittelt haben. Es gab zunächst drei Festnahmen.
Die Durchsuchungen richteten sich gegen 39 Personen. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wirft den Männern im Alter von 24 bis 59 Jahren vor, über 100 Personen aus dem Bundesgebiet ideologisiert und radikalisiert zu haben. Diese sollten anschließend an eine ägyptische Koran- und Sprachschule vermittelt werden, in deren Umfeld Werber für Ausbildungslager terroristischer Organisationen tätig seien.
Die Werber suchten demnach auch gezielt den Kontakt zu den Besuchern des Sprachinstituts und vertieften deren Ideologisierung und Radikalisierung. Ihr Ziel sei es, die Glaubensbrüder terroristischen Ausbildungslagern zuzuführen, um sie nachfolgend in den bewaffneten Kampf, den «Heiligen Krieg» (Dschihad) zu schicken, teilte das Landeskriminalamt weiter mit. Nach der Beendigung der Ausbildung seien einige zurück nach Deutschland zurückgekehrt, andere im Ausland geblieben, unter anderem in Afghanistan und Pakistan.
Razzia in rund 600 Bordellen
Mit einer bundesweiten Razzia in rund 600 Bordellen sind das Bundeskriminalamt und die Länderpolizeien gegen ein Netz von Zuhältern, Geldwäschern und Schleusern aus Westafrika vorgegangen. Wie das BKA am Mittwoch in Wiesbaden berichtete, war es das Ziel der Aktion, Opfer von Menschenhandel zu identifizieren und Hinweise auf Menschenhändler zu erlangen. In den kontrollierten Bordellen seien weit über 100 Frauen aus Westafrika angetroffen worden.
Nach dem Stand der Ermittlungen werden junge Frauen in Westafrika angeworben, nach Deutschland eingeschleust und hier mit Personaldokumenten versorgt. Anschließend müssten sie in Bordellen arbeiten. „Viele der Opfer scheuen den Kontakt zu den Strafverfolgungsbehörden, so dass zahlreiche Straftaten im Verborgenen bleiben“, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Nur wenn es uns gelingt, das Vertrauen der Opfer zu gewinnen und sie zur Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden zu bewegen, können wir den Kreislauf aus Unterdrückung, Einschüchterung und Abhängigkeit zwischen Opfern und Tätern durchbrechen.“
Polizei holt 15-Jährige aus Rotlichtbetrieb
In Rheinland-Pfalz wurde von der Polizei ein erst 15 Jahre altes Mädchen aus einem Bordell geholt. „Das Leiden der zumeist jungen und teilweise minderjährigen Mädchen nimmt in der Regel seinen Anfang in den armen Bezirken Westafrikas“, erklärte das LKA Mainz: „Schlecht bezahlte Tätigkeiten als Näherin, Friseurin oder Haushaltshilfe lassen häufig kaum ein Überleben zu.“ Viele lebensunerfahrene Mädchen hofften auf ein besseres Leben in Europa und erlägen so den Verlockungen der Schleuser.
Den Eltern würden regelmäßige Zahlungen aus Europa versprochen, berichtete LKA-Chef Wolfgang Hertinger. Die Opfer verpflichteten sich, die durch die Schleusung entstehenden Kosten abzuzahlen. So könnten Schulden von bis zu 70.000 Euro auf die Frauen zukommen. Durch eine Voodoo-ähnliche Praktik, in Nigeria als „Juju“ bekannt, würden die Frauen und Mädchen zur Einhaltung ihrer Pflichten gezwungen. Kontrolliert würden sie von durchweg weiblichen Zuhältern, den sogenannten Madames. Auch dies sei eine westafrikanische Besonderheit.
apn
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