Brötchenaufstrich geklaut: Kündigung unwirksam

Dortmund (dpa) - Die Brötchen hatten die Bäcker gekauft - den Aufstrich aber «geklaut». Wieder hat ein Prozess um einen Mini-Diebstahl am Arbeitsplatz Aufsehen erregt. Vor dem Arbeitsgericht Dortmund ging es um einen Kräuter-Öl-Aufstrich, den die beiden auf ihre Brötchen geschmiert hatten.
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Weil zwei Bäcker Wurstbelag aus dem Eigentum der Backstube auf ihre eigenen Brötchen gestrichen hatten, wurde ihnen gekündigt.
dpa Weil zwei Bäcker Wurstbelag aus dem Eigentum der Backstube auf ihre eigenen Brötchen gestrichen hatten, wurde ihnen gekündigt.

Dortmund (dpa) - Die Brötchen hatten die Bäcker gekauft - den Aufstrich aber «geklaut». Wieder hat ein Prozess um einen Mini-Diebstahl am Arbeitsplatz Aufsehen erregt. Vor dem Arbeitsgericht Dortmund ging es um einen Kräuter-Öl-Aufstrich, den die beiden auf ihre Brötchen geschmiert hatten.

Wert etwa 50 Cent. Eine Bäckerei-Kette hatte den beiden Angestellten daraufhin fristlos gekündigt. In beiden Fällen zu Unrecht, befand das Gericht. Das Unternehmen muss die Bäcker nun weiterbeschäftigen.

Ob diese den Belag letztlich gestohlen hatten, ließ das Gericht offen. Erst vor zwei Wochen hatte das Berliner Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung einer Kassiererin für rechtens erklärt. Sie hatte zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro unterschlagen.

«Ich habe die Masse angerührt und war der Meinung, ich hätte sie verwürzt», sagte Horst Dorkowski (44), einer der beiden. Mit seinem Kollegen Benjamin Lassak (26) habe er den Geschmack des sogenannten «Hirtenfladen»-Aufstrichs nur überprüfen wollen. Daraufhin hatte die Bergkamener Bäckerei-Kette die Männer im vergangenen Spätsommer wegen Diebstahls fristlos gekündigt.

Zwar könnten auch Bagatelldiebstähle Grund für eine fristlose Kündigung sein, so das Gericht. Im Fall Dorkowski stehe das allerdings nicht im Verhältnis zu der langen Betriebszugehörigkeit, begründete das Gericht seine Entscheidung. 24 Jahre habe Dorkowski bei Westermann gearbeitet und darüber hinaus von sich aus zugegeben, den Belag probiert zu haben. Das ließe auf eine ehrliche Grundhaltung schließen. «Ab wann erlaubt die Betriebszugehörigkeit, in die Kasse zu greifen», kritisierte hingegen der Anwalt des beklagten Unternehmens, Rudolf Halstrick.

Gleiches Urteil, anderer Fall. Bei Lassak sei ausschlaggebend, dass der Bäcker Mitglied im Betriebsrat war. «Es ist nur aus einem besonderen Grund möglich, Betriebsratsmitglieder zu kündigen», betonte Richter Guido Marek. Grundsätzlich müsse bei einer beabsichtigten Kündigung der Betriebsrat geladen werden und zustimmen. Dabei seien formale Fehler unterlaufen. Die Kündigung sei deswegen unwirksam. «Das war alles okay von den Fristen her», widersprach Halstrick und sagte, er wolle voraussichtlich Berufung einlegen.

«Ich habe eigentlich nicht damit gerechnet, dass es so ausgeht», sagte Lassak angesichts des Berliner Urteils. Hätte es allerdings im Fall Lassak keine formalen Fehler seitens der Bäckerei-Kette gegeben, «wäre das wieder ein offenes Rennen gewesen», sagte der Richter. Dann hätte das Gericht klären müssen, ob Lassaks Handeln als Bagatelldiebstahl zu werten und dies bei seiner relativ kurzen Angestelltendauer ein Kündigungsgrund gewesen wäre. Ob die beiden Bäcker nun wieder in den Betrieb zurückkehren werden, ließen sie am Dienstag noch offen.

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