Biontech: Der Zeitplan des Gründers
Mainz - Biontech-Vorstandschef und Mitgründer Ugur Sahin ist guten Mutes: Wenn alles weiterhin gut laufe, werde der Corona-Impfstoff, den der Mainzer Pharma-Konzern gemeinsam mit dem US-Riesen Pfizer entwickelt hat, ab "Ende dieses Jahres, Anfang nächsten Jahres" ausgeliefert, sagte Sahin jetzt in einem Interview mit der britischen BBC. Eine Rückkehr zum "normalen Leben" halte er dann im Winter 2021 für möglich.
Ziel von Biontech sei es, bis zum kommenden April weltweit 300 Millionen Dosen von "BNT162b2" zur Verfügung zu stellen. Dies könnte einen ersten Effekt auf Infektionszahlen haben. Dann käme der Sommer, "der uns helfen wird, weil die Infektionsrate sinkt". Um das Virus einzudämmen, sei es jedoch "absolut essenziell" bis zum Herbst eine hohe Impfquote zu erreichen. Er sei zuversichtlich, dass dies geschehen werde, sagte Sahin weiter. Mit Blick auf die jetzige kalte Jahreszeit fügte er hinzu: "Dieser Winter wird hart."
Ungeklärte Fragen
Noch gibt es allerdings eine Reihe ungeklärter Fragen bezüglich des Vakzins aus dem Hause Biontech, das nach Firmenangaben einen 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 liefern soll: Geimpfte Probanden erkrankten zwar nicht - offen ist jedoch bislang, ob sie das Virus trotzdem übertragen können. Und: Welche Bevölkerungsgruppen schützt das Mittel überhaupt - nur Junge oder auch die Älteren? Macht eine einmalige Doppelimpfung immun - oder muss sie aufgefrischt werden?
Auch zu diesen Problemfeldern bezog Ugur Sahin im BBC-Interview Stellung. "Eine Idee davon", ob der Effekt von "BNT162b2" bei älteren Menschen derselbe sei wie bei jungen, erwarte er in den nächsten drei Wochen.
Keine ernstzunehmende Nebenwirkungen beobachtet
Wie lange die Immunität nach einer Impfung anhalte, sei noch unbekannt. Eine Auffrischung "sollte aber nicht kompliziert sein". Schwerwiegende Nebenwirkungen seien bislang nicht beobachtet worden, so der Professor für experimentelle Onkologie an der III. Medizinischen Klinik der Universität Mainz. Einige der rund 43.000 Test-Personen hätten über leichte bis mittelschwere Schmerzen an der Injektionsstelle geklagt, die ein paar Tage angehalten hätten. Andere hätten über denselben Zeitraum leichtes bis mittelschweres Fieber bekommen. Weitere ernstzunehmende Nebenwirkungen seien nicht beobachtet worden.

Überraschend ist, was der Mediziner über eine mögliche Verminderung der Infektiosität von geimpften Personen sagt: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass ein derart hoch effektives Medikament die Übertragung zwischen Menschen reduziert - vielleicht nicht um 90 aber eventuell um 50 Prozent. Wir sollten nicht vergessen, dass auch dies zu einer dramatischen Verlangsamung der Ausbreitung führen könnte."
Corona-Impfstoff mit Wirksamkeit von 94,5 Prozent?
Biontech und Pfizer hatten am vergangenen Montag als erste westliche Hersteller vielversprechende Daten aus ihren klinischen Tests vorgelegt. Die Unternehmen wollen dem Vernehmen nach noch diesen Monat bei der US-Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung für den Impfstoff beantragen.
Am Mittwoch hatte die EU-Kommission formal einen Rahmenvertrag mit den Firmen Biontech und Pfizer über bis zu 300 Millionen Impfdosen gebilligt. Auch mit den Impfstoffentwicklern Johnson&Johnson, Astrazeneca und Sanofi-GSK gibt es auf EU-Ebene bereits ähnliche Verträge über zusammengenommen bis zu 800 Millionen Dosen.
Am Montag wurde zudem bekannt, dass ein weiteres Präparat auf den Markt drängt: Der US-Konzern Moderna verkündete, ein von ihm entwickelter Corona-Impfstoff habe eine Wirksamkeit von 94,5 Prozent. Zudem hieß es, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren zu dem Moderna-Impfstoff beginnt, das eine vergleichsweise rasche Zulassung zum Ziel hat. Die EU-Kommission verhandelt derzeit nach eigenen Angaben mit dem US-Konzern über die Lieferung von bis zu 160 Millionen Impfdosen.