Bertelsmann-Patriarch Reinhard Mohn ist tot
GÜTERSLOH - Aus einem kleinen Verlagshaus machte Reinhard Mohn einen der größten Medienkonzerne der Welt – nun ist der langjährige Bertelsmann-Chef am Samstag im Alter von 88 Jahren gestorben.
Mohn steht für eine beispiellose Erfolgsgeschichte und eine der ungewöhnlichsten Unternehmerkarrieren im Deutschland der Nachkriegszeit. Er leitete den Konzern von 1947 bis 1981 und repräsentierte zusammen mit seiner Ehefrau Liz Mohn die fünfte Generation der Unternehmer- und Stifterfamilien Bertelsmann und Mohn.
Der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, Gunter Thielen, sagte am Sonntag zum Tod Mohns: „Mit ihm verliert Deutschland und die Welt eine herausragende Persönlichkeit, die Wirtschaft und Gesellschaft der Nachkriegszeit maßgeblich geprägt hat.“ Der protestantisch-disziplinierte Mohn hatte ein sicheres Gespür für Marktchancen – aber er gilt vor allem noch aus einem anderen Grund als ein Unternehmer besonderer Art: Es ging ihm nie nur um den nackten Erfolg, er verband dies mit gesellschaftspolitischem Engagement und band seine Mitarbeiter über Beteiligungen stark ein. Er bekam deshalb sogar den Beinahmen „der rote Mohn“.
Reinhard Mohn wurde am 29. Juni 1921 in Gütersloh geboren, als Ur- Ur-Enkel des Verlagsgründers Carl Bertelsmann. Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, übernahm er 1947 ein marodes Unternehmen. Ein Bombenangriff hatte die Druckerei zerstört, die Nazis schlossen 1944 den Verlag aus politischen Gründen.
Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens begann mit der Idee des „Bertelsmann-Leserings“ 1950. Der Umsatz verdoppelte sich Jahr um Jahr. Später kamen zum Vertriebs- und Verlagsgeschäft Industrie- und Dienstleistungsbetriebe, das Zeitschriftengeschäft und schließlich das Fernsehen hinzu. Mohn galt als der Max Grundig der Verlagswesens. Er selbst betonte allerdings: „Ich bin kein Verleger, ich bin Unternehmer.“
Mit 60 Jahren zog er sich aus dem Tagesgeschäft zurück, 1991 gab er auch seinen Sitz im Aufsichtsrat auf und widmete sich ganz der 1977 gegründeten Bertelsmann-Stiftung. Die Mehrheit des Aktienkapitals der Bertelsmann AG ließ er 1993 auf die Bertelsmann Stiftung übertragen, die heute mit 76,9 Prozent größter Aktionär ist.
Partys und Jetset mied er zeitlebens. Zuletzt nannte man ihn den „stillen Mann aus Gütersloh“. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er noch ein Buch: „Von der Welt lernen. Erfolg durch Menschlichkeit und Freiheit“. Es galt schon damals eine Art Vermächtnis.
dpa
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