Berichte über Massenmorde in Elfenbeinküste
Neue Hinweise auf Massenmorde im blutigen Konflikt in der westafrikanischen Elfenbeinküste: Menschenrechtsexperten haben in den vergangenen Tagen an mehreren Orten im Westen des Landes mehr als 100 Leichen entdeckt.
Abidjan/Nairobi/Genf - "Alle Vorkommnisse scheinen zumindest teilweise etwas mit ethnischen Motiven zu tun zu haben", erklärte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Rupert Colville, am Freitag in Genf. Auch gebe es Berichte von weiteren Massakern als Racheakte.
Bereits in der vergangenen Woche sollen bei einem Massaker in Douékoué im Westen des Krisenlandes mehr als 800 Menschen umgekommen sein. Die Täter werden unter den Truppen des von der internationalen Gemeinschaft als Wahlsieger anerkannten Alassane Ouattara vermutet. In der Region leben Angehörige verschiedener Volksgruppen, die auch in dem politischen Konflikt bisher auf verschiedenen Seiten standen.
Ouattara, dessen Republikanische Truppen inzwischen weite Teile des Landes kontrollieren und die Residenz des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo in Abidjan belagern, strebt nun eine Aufhebung der EU-Sanktionen gegen sein Land an. Es sei an der Zeit, die Wirtschaft des Landes wieder aufzubauen, sagte er in einer am Donnerstagabend ausgestrahlten Fernsehansprache. Seine Armee werde Hilfsgüter zu den Krankenhäusern schaffen und dafür sorgen, dass die Märkte wieder geöffnet werden, sagte Ouattara, der Gbagbo die Verantwortung für die andauernde tiefe Krise anlastete.
Gbagbo weigert sich seit seiner Wahlniederlage im November vergangenen Jahres, die Macht an Ouattara zu übergeben. Vermittlungsversuche und Sanktionen blieben erfolglos. Die Spitze der bisher zu Gbagbo loyalen Armee hatte bereits vor Tagen eine Einstellung der Kämpfe befohlen. Gbagbo kann sich nach Einschätzung französischer Militärexperten noch auf etwa 1000 Kämpfer stützen.
Die humanitäre Lage in Elfenbeinküste spitzt sich nach Angaben von Hilfsorganisationen immer weiter zu. Der Flüchtlingsstrom in die Nachbarländer sei auf 150 000 Menschen angeschwollen, sagte der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Adrian Edwards, in Genf.
Humanitäre Hilfe für Menschen im wirtschaftlichen und politischen Zentrum Abidjan sei wegen der anhaltenden Kämpfe derzeit noch nicht möglich, teilte Caritas International in Freiburg mit. Die Organisation konzentriert sich deshalb im Moment auf die Unterstützung von Flüchtlingen im Nachbarland Liberia, wo bislang rund 130 000 Menschen gestrandet seien. Engpässe gebe es bei der Versorgung mit Medikamenten, Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Notunterkünften.
Ähnlich äußerte sich der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der am Freitag zwei Experten als Erkundungsteam an die Elfenbeinküste schickte. Im Gepäck haben die deutschen ASB-Helfer mehr als 100 Kilogramm Medikamente und anderes medizinisches Material wie Spritzen und Verbände. Das Bundesentwicklungsministerium stellt eine Million Euro für Flüchtlinge und Vertriebene bereit. "Die Vorräte der Menschen an Nahrungsmitteln sind nun erschöpft, internationale Unterstützung ist dringend erforderlich", sagte Staatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz in Berlin.
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