Benimm-Regeln auf Mallorca gekippt - Folgt jetzt der Party-Horror?
Palma/München - Der Strand ist übersät mit leeren Flaschen und Bechern, dazwischen liegen Bierleichen, die ihren Rausch ausschlafen. Dieses Negativ-Bild von Mallorcas Ballermann sollte dank der eingeführten „Benimmregeln“ der Vergangenheit angehören. Doch nun sind sie wieder abgeschafft und Einheimische wie Gewerbetreibende fürchten, dass mit der Hauptsaison das Chaos auf die Insel zurückkehrt, denn es wird für diesen Sommer ein neuer Besucherrekord erwartet.
Diese Stars wollen am Ballermann ihre Karriere retten
„Im Rahmen dieser Verordnung waren für uns doch so wichtige Punkte wie der illegale Handel, Straßenvandalismus und Graffiti bekämpft worden“, klagt etwa der Präsident des Handelsverbandes Pimeco, Bernat Coll.
Regeln gegen Lärm, Trinkgelage und Bikinis abseits vom Strand
Die „Verordnung für ein zivilisiertes Zusammenleben“ hatte im Hauptstadtbezirk der spanischen Urlaubsinsel nicht nur Trinkgelage wie das berüchtigte „Eimersaufen“, sondern auch Lärmbelästigung, das Tragen von Badekleidung abseits der Strände, das öffentliche Pinkeln und Spucken, „aggressives Betteln“ sowie das Ansprechen von Prostituierte unter Strafe gestellt.
So richtig zufrieden stellte die Umsetzung der Verordnung zwar auch die Befürworter nicht. Tourismus-Urgestein Francisco Marín, der den Ballermann wie kaum ein Zweiter kennt, sagte aber, das sei nach den vielen Horrorberichten vor allem in den deutschen Medien „der einzige Weg“ gewesen, „um das Image der Playa zu verbessern“. „Es gibt keine andere Lösung, um der Kleinkriminalität Grenzen zu setzen und den Partytourismus zu zivilisieren“, warnte der Chef des Hotelverbandes einem Interview des „Mallorca Magazins“.
Überfüllter Ballermann: Kommt jetzt das Touristen-Limit?
Marín, Coll & Co. fürchten nun nicht nur Chaos auf dem Ballermann, sondern auch ein Wiederaufleben der Negativberichte. Damals titelte beispielsweise der „Stern“ mit den „Dunklen Seiten der Ferieninsel“ und andere Blätter schrieben etwa über „Glücksritter, Gescheiterte, Billigprostituierte und organisierte Banden“, die die Playa „nach Sonnenuntergang beherrschen“.
Jürgen (28), der seit Jahren zwischen Mallorca und Bremen pendelt und auf der Insel kellnert, sagt: „Diese Berichte waren zwar etwas übertrieben, aber es war damals schon schlimm hier. Dank der Benimmregeln ist es etwas besser geworden, fast alle waren mehr oder weniger zufrieden damit“. Aber eben nur fast alle.
Eimersaufen bleibt weiter tabu
Die Gegner warfen den Initiatoren vor, soziale Probleme mit Polizeigewalt lösen zu wollen. Nicht nur die wildesten Touristen würden ins Visier genommen, sondern auch „die Schwachen der Gesellschaft“, wie Prostituierte, Obdachlose und Straßenkünstler. Anwohner hatten geklagt, und nun wurde die Verordnung wegen „fehlender Zuständigkeit“ der Stadtverwaltung aufgehoben.
Der Präsident des Anwohnerverbandes, Joan Forteza, jubelte nach Bekanntgabe des Urteils: „ Die Entscheidung des Gerichts erlaubt es den Einwohnern Palmas, wieder frische Luft in den Straßen zu atmen.“ Auch Straßenmusiker Pedro (26) atmet auf. „Gegen uns sind die Bullen sogar mit Schlagstöcken vorgegangen. Ein Unding, das ist aber jetzt hoffentlich vorbei.“
Der sozialistische Bürgermeister José Hila will das Urteil nicht anfechten. Er muss aber nun prüfen lassen, was mit den 18 000 im Rahmen der Verordnung eingeleiteten Verfahren geschehen soll. Und, wie Exzesse mit den vorhandenen Gesetzen zu verhindern sind. Die gemeinschaftlichen Besäufnisse aus den blauen Eimern würden auf jeden Fall weiter tabu sein, versichert eine Rathaussprecherin.
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