Baby schreit, Kellnerin schreit zurück

40 Minuten hört sich die Frau in dem Lokal das Gebrüll an, dann eskaliert die Situation. Ist die Reaktion kinderfeindlich oder in Ordnung?
von  Rosemarie Vielreicher
Die schreiende Kellnerin: Darla Neugebauer im Interview.
Die schreiende Kellnerin: Darla Neugebauer im Interview. © Screenshot/WCSH6

40 Minuten hört sich die Frau in dem Lokal das Gebrüll an, dann eskaliert die Situation. Ist die Reaktion kinderfeindlich?

Portland - Jeder kennt diese Situation: Man will nur in Ruhe in einem Lokal essen. Aber am Nebentisch schreit sich ein kleines Kind die Seele aus dem Leib. Die Eltern können es einfach nicht beruhigen. Es schreit und schreit und schreit.

So ist das nun auch in Marcy’s Diner in Portland im US-Bundesstaat Maine passiert. Da sind es aber nicht die Gäste, denen langsam der Kragen platzt. Sondern der Kellnerin Darla Neugebauer, der das Lokal auch gehört. Eine Familie sitzt mit der 21 Monate alten Keira im Restaurant. Die plärrt und weint seit 40 langen Minuten. Da geht die Besitzerin zu dem Tisch, sieht dem Mädel tief in die Augen, zeigt mit dem Finger auf sie – und schreit es an: „DAS MUSS AUFHÖREN!“

Das Gute: Es ist erst einmal Ruhe in Marcy’s Diner. Das Kind ist still, die Eltern sind sprachlos.

Die Eltern sagen: Ihr Mädchen ist regelrecht „traumatisiert“

Das Schlechte: Die Mutter und der Vater sind dermaßen entsetzt über dieses aus ihrer Sicht kinderfeindliche Verhalten, dass sie den Vorfall an die Öffentlichkeit bringen. Ihr kleines Kind sei sogar davon traumatisiert. „Sie hatte wirklich Angst“, so die Mutter.

Aus ihrer Sicht ist es völlig unverständlich, dass die Kellnerin ihr kleines Mädel angeschrien hat. Jeder müsse doch verstehen, dass kleine Kinder nun eben einmal weinen, wenn sie auf das Essen warten müssen. Nach dem kurzen Schreckmoment habe Keira dann wieder geweint. Dieses Mal aus Angst vor der Kellnerin.

„Wer seinem Kind erlaubt, zu schreien, ist ignorant“

Die Eltern behaupten, dass sie lange auf das Essen warten mussten. Die Besitzerin sagt: Die bestellten Pancakes seien schon am Tisch gewesen. Trotzdem gab’s Gebrüll.

Neugebauer soll den Eltern angesichts der Lautstärke angeboten haben, sie könnten das Essen auch zum Mitnehmen haben. Die lehnen ab und wollen bleiben.

In den USA ist darüber jetzt eine heftige Diskussion entbrannt: Muss man ein schreiendes Kind wirklich aushalten oder war die Reaktion der Kellnerin genau richtig? Das eigentlich kinderfreundliche Land ist darüber gespaltener Meinung: Die einen stehen hinter der schreienden Besitzerin und sagen, die Eltern müssten Rücksicht nehmen auf andere Restaurant-Gäste. „Wer seinem Kind erlaubt, herumzuschreien, zu weinen und nichts dagegen tut, ist absolut ignorant“, schreibt etwa Dawn Lindberg auf die Facebook-Seite des Lokals. Dem stimmen viele Kommentatoren zu. „Ich applaudiere der Besitzerin des Lokals, dass sie etwas gesagt hat. Die Leute haben ja nicht für ein Abendessen mit Einlage bezahlt“, findet Michele Scott Dubiel.

"Ich werde mit einem ganzen Bus voll schreiender Kinder kommen"

Andere dagegen nehmen das Kind und ihre Eltern in Schutz. „Als Mutter weiß ich, wie stressig es ist, mit einem weinenden Kind in einem Lokal zu sein. Hätte der Besitzer mein Kind angeschrien, wäre ich ausgerastet“, sagt Joanne Steaks. Der Nutzer Matthew Gordon droht: „Ich werde mit einem ganzen Bus voll schreiender Kinder kommen und sehen, ob dein Kopf dann explodiert.“

Auch wenn die Kellnerin diese Kritik einstecken muss, sagt sie im Interview: „Sie hörte auf zu weinen, das machte meine Mitarbeiter und mich glücklich – und die 75 anderen Gäste im Restaurant auch.“ Sie habe zwar noch nie ein Kind angeschrien, aber trotzdem sagt Darla Neugebauer: „Vielleicht war das eine falsche Entscheidung, aber ich würde mich nicht entschuldigen, weil es ja funktioniert hat.“

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