Auf der Insel ist die Hölle los

Der Vulkanausbruch lässt Gletscher-Eis schmelzen und löst Flutwellen aus. Eine asphaltierte Straße ist bereits weggeschwemmt. 800 Isländer in Notquartieren
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Nach 200 Jahren wieder erwacht: der isländische Gletscher-Vulkan Eyjafalla.
AP Nach 200 Jahren wieder erwacht: der isländische Gletscher-Vulkan Eyjafalla.

REYKJAVIK - Der Vulkanausbruch lässt Gletscher-Eis schmelzen und löst Flutwellen aus. Eine asphaltierte Straße ist bereits weggeschwemmt. 800 Isländer in Notquartieren

Es ist ein Höllenschlund, der sich da aufgetan hat: Der Vulkan Eyjafjallaim Süden Islands spuckt riesige Mengen glühend heißer Lava und Asche aus. Hubschrauberpiloten sagen, dass die Rauchsäule über dem Vulkankrater eine Höhe von sechs Kilometern erreicht habe. Von einem West-Nordwestwind getrieben ziehen die dunklen Wolken Richtung Nord- und Mitteleuropa – mit heftigen Auswirkungen auf den Flugverkehr. Doch auch auf der Insel ist die Hölle los.

In unmittelbarer Nähe herrscht das Inferno: Bäuerin Sigurlaug Sigurdardóttir berichtet, dass es auch am eigentlich helllichten Tag finster ist wie die Nacht: „Die Sicht in der dunklen Wolke beträgt nur wenige Meter.“ Unmittelbar nach dem Ausbruch waren ihr Hof und die ihrer Nachbarn evakuiert worden. Zuvor hatten die meisten Bauern aber noch ihre Schafherden in Sicherheit gebracht, sie hätten in der Aschewolke keine Überlebenschance gehabt.

Die Tiere sind für die Bauern in der kargen Landschaft die einzige Einnahmequelle. Dass nur rund 800 Menschen in Notunterkünfte gebracht werden mussten, liegt daran, dass die Gegend um den Vulkan – wie ganz Island – extrem dünn besiedelt ist.

Doch auch in entfernteren Gebieten droht eine Katastrophe. Denn der Eyjafjalla liegt unter dem gleichnamigen Gletscher; durch die hohen Temperaturen der aus dem Vulkan spuckenden Lavamassen beginnen die Eismassen abzuschmelzen. Fridrik Thór Halldórsson, ein Kameramann des TV-Senders Stöd 2, hat gestern morgen einen Hubschrauberrundflug gemacht und atemberaubende Aufnahmen gemacht.

In dicken dunkelgrauen Wellen schießt das Schmelzwasser am Gletscherabbruch aus den Eismassen hervor. Durch die anschwellenden Wassermengen ist ein Gletscherbach nach wenigen Stunden zum reißenden Strom angeschwollen. Eine asphaltierte Straße ist bereits weggeschwemmt.

Jetzt strömt die Flutwelle auf den südlichen Teil der einzigen Hauptverbindungsstraße Islands zu, die als Lebensader der Insel mit ihren 380000 Einwohnern gilt. „Okay, jetzt ist es wirklich riesig“, kommentiert ein Reporter des Rundfunksenders RUV die Angaben aus dem Seismologischen Institut in Reykjavik: Seit der Nacht werden Eruptionen von der zehn- bis zwanzigfachen Stärke des ersten Ausbruchs am 21. März gemessen.

Zu einer verheerenden Flutwelle war es 1996 gekommen, als ein Vulkan unter dem Vatnajökull, dem größten Gletscher Europas, ausbrach und eine gigantische Überschwemmung auslöste, die die Verbindungsstraße auf 60 Kilometer Länge zerstörte.

Die aktuellen Eruptionen könnten auch, so die Sorge des Geophysikers Pall Einarsson, die Vorboten eines katastrophalen Ausbruchs sein: Denn immer wenn der Eyjafjalla in der Vergangenheit rumorte, kam es kurz danach zu einer Eruption des benachbarten Mega-Vulkans Katla – das hätte verheerende Folgen.

Der Eyjafjalla – der zuletzt 1823 aktiv war – ist bei weitem nicht der einzige Feuer speiende Berg auf der Insel. Island, das genau auf der Trennlinie zwischen amerikanischer und eurasischer Kontinentalscholle liegt, ist durch vulkanische Aktivität entstanden. Insgesamt gibt es 30 aktive Vulkane, 110 gelten als inaktiv.

Michael Heinrich

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