Auch Kündigung von zweitem Bäcker unwirksam

DORTMUND - Im Fall des angeblichen Diebstahls von Brötchen- Aufstrich hat das Arbeitsgericht auch die Kündigung des zweiten Bäckers für unwirksam erklärt. Die Kündigung des 26-Jährigen hatte das Gericht bereits aus formalen Gründen für unwirksam erklärt.
Eine Bäckerei-Kette hatte dem 44-Jährigen im Sommer vergangenen Jahres ebenso wie seinem 26- jährigen Kollegen vorgeworfen, einen Kräuter-Öl-Aufstrich gestohlen zu haben und ihnen fristlos gekündigt. Die Kündigung des 26-Jährigen hatte das Gericht am Vormittag bereits aus formalen Gründen für unwirksam erklärt.
Die rabiaten Kündigungen sind kein Einzelfall
Vor zwei Wochen hatte das Berliner Landesarbeitsgericht die fristlose Kündigung einer Kassiererin für rechtens erklärt, die zwei Pfandbons im Gesamtwert von 1,30 Euro unterschlagen hatte.
In Konstanz musste vor gut einer Woche eine Bäckereiverkäuferin gehen, weil in ihrer Kasse 1,36 Euro fehlten.
Die Rechtsprechung orientiert sich heute noch am „Bienenstich-Urteil“ von 1982. Damals hatte sich eine Buffetkraft ein Stück des Kuchens (Wert: 60 Pfennige) unentgeltlich genommen und verzehrt. Eine Obstfachverkäuferin in einem Supermarkt wurde entlassen, weil sie drei angefaulte Kiwis im ursprünglichen Verkaufswert von damals 2,97 Mark hatte mitgehen lassen.
Bei anderen von Gerichten abgesegneten Kündigungen ging es um die Diebstähle von jeweils einer Packung Frischkäse oder einer Fischsemmel sowie um im Betrieb zu Unrecht frankierte Privatbriefe – Wert: weniger als 5 Euro.
Verbands-Funktionär Pellengahr hält solche Kündigungen wegen geringer Summen für arbeitsrechtliches „Tagesgeschäft“. Es ginge gar nicht, sagte er den „Ruhr Nachrichten“, um den geringen Streitwert, sondern darum eine klare Linie: „Du darfst nicht stehlen. Das gilt. Wo soll man denn sonst die Grenze ziehen?“
Michael Heinrich