Astronauten starten den Eurovision Song Contest - vom All aus
Twittern, goldene Scheiben und McCartney-Songs: die Kommunikation zwischen Erde und All wird immer kurioser
CAPE CANAVERAL Es ist nicht der Inhalt der Nachricht, der die Welt bewegt. „Das Rendezvous und das Einfangen haben prima geklappt, jetzt bereiten wir uns auf unseren ersten Ausstieg vor“, ließ US-Astronaut Mike Massimino wissen, als die Raumfähre Atlantis, das Weltraumteleskop Hubble erreicht hatte. Aber die Form, in der die Neuigkeit übermittelt wurde, ist – noch – sehr ungewöhnlich: Massimino übermittelt sie per Internet-Service Twitter (siehe Kasten) an seine inzwischen auf 280000 Menschen in aller Welt angewachsene Follower-Gemeinde.
„Astro_Mike“, wie sein User-Name bei Twitter heißt, ist der erste Astronaut, der die neuen Möglichkeiten des Internets nutzt – allerdings auf einem kleinen Umweg. Seine Nachrichten aus dem All schickt Massimino zunächst per E-Mail an die Nasa, die dann mit ihnen den Internet-Dienst Twitter speist.
Die Tweets von Astro_Mike sind nicht die ersten ungewöhnlichen Formen der Kommunikation zwischen dem Weltall und der Erde:
Eine Premiere gibt es schon wieder am Samstagabend: Da wird die Besatzung der internationalen Raumstation ISS per Live-Schaltung das Startsignal für die Abstimmung über den besten Beitrag beim Eurovision Song Contest in Moskau (siehe S. 28) geben.
Im Februar 2009 gelang es Studenten der Humber-Universität im kanadischen Toronto mit einem Funkgerät Marke Eigenbau den Kontakt zur ISS herzustellen. Es rauschte und krachte, als Gino Cunti den Funkspruch „Hallo ISS, können Sie mich hören?“ absetzte – und trotz noch heftigerem Rauschen kurz später die Antwort erhielt: „Hier spricht Sandra Magnus und ja, wir hören sie.“
„Wie geht es unserem Planeten Erde?“ und „Wie sieht er aus von oben?“ plauderte Bundeskanzlerin Angela Merkel, als sie im Februar 2008 vom Raumfahrt-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen aus mit dem deutschen Astronauten Hans Schlegel verbunden war, der gerade in der ISS im Orbit kreiste.
Ein spektakulärer Versuch der Kontaktaufnahme sind die „Golden Records“, zwei Datenplatten, die 1977 mit den interstellaren Raumsonden Voyager 1 und 2 in die Tiefen des Weltalls gebracht wurden. Auf ihr sind Informationen in 55 Sprachen, Musik (Mozart, Bach und Chuck Berry) und eine Rede des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter gespeichert. Auf ihrer Hülle befindet sich eine gezeichnete Erklärung, wie die Datenplatte abgespielt werden kann. Geschätzte Lebensdauer der Platten: 500 Millionen Jahre.
Viele hundert Millionen Dollar hat der 1992 in den USA gestartete große Lauschangriff auf das Weltall bisher gekostet. Das Seti-Institut hört auf der Suche nach Außerirdischen auf 28 Millionen Radiokanälen ins All. Tausende deutsche Computer-Nutzer machen bei dem Lauschangriff mit: Sie stellen dem Seti-Projekt durch Vernetzung Rechnerkapazität zur Verfügung. Doch bisher ernteten sie nur eisiges Schweigen aus dem All.
Applaus bekam dagegen Ex-Beatle Paul McCartney, als er 2005 der ISS-Besatzung einen Weckruf der besonderen Art schickte: Er sang live seinen Song „Good Day Sunshine“. Michael Heinrich