„Arctic Sea“: Geheimnis an Bord
MOSKAU - Die Besatzung ist in Freiheit, der Frachter gefunden, acht Piraten in Haft. Informationen über die „Arctic Sea“ gibt es trotzdem nicht. Was verschweigen die russischen Behörden?
Da könnte der Sprecher der EU-Komission tatsächlich Recht behalten: Er sieht in der Entführung des Frachters „Arctic Sea“ einen filmreifen Vorgang. „Die Details werden ganz sicher eines Tages der Stoff eines Hollywood-Films sein.“ Einzelheiten könne er aber nicht mitteilen.
Die EU mauert, verweist auf Ermittlungen – und auch Russland schweigt. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wer sind die Entführer? Am Dienstag nahmen russische Sicherheitskräfte acht Piraten fest. Die Verdächtigten – zwei Russen, zwei Letten und vier Esten – hatten die „Arctic Sea“ nach Angaben des russischen Verteidigungsministers Anatoli Serdjukow am 24. Juli vor der schwedischen Küste in ihre Gewalt gebracht. Ihnen drohen bis zu 20 Jahre Haft. Was das Ziel des Überfalls war, blieb unklar. Die finnische Polizei konnte die Festnahme nicht bestätigen.
Wie kamen die Piraten auf das Schiff? Hier gibt es verschiedene Varianten. Laut Serdjukow hätten sie sich in einem Schlauchboot genähert und vorgetäuscht, in Seenot zu sein und um Hilfe gebeten. Andere Quellen berichten, dass die Piraten sich als Drogenfahnder ausgegeben hätten und so auf das Schiff kamen.
Was passierte an Bord? Darüber gibt es bislang keine Informationen. Angehörige der Seeleute und die russische Seefahrergewerkschaft beklagen, dass der russische Geheimdienst den Kontakt verhindere. „Ich weiß bisher nur aus den Nachrichten von der Befreiung“, sagte Jelena Sarezkaja, die Ehefrau des Kapitäns.
Was hatte das Schiff geladen? Die offizielle Version: Die „Arctic Sea“ sollte Tropenhölzer im Wert von 1,3 Millionen Euro von Finnland nach Algerien bringen. Insider vermuten, dass der Frachter eine geheime Ladung an Bord hatte. So kursieren Gerüchte, dass die Besatzung in Drogenschmuggel verwickelt sei. Sergej Portenko, Vizechef der russischen Seefahrergewerkschaft mutmaßte, das Schiff habe Waffen für Westafrika geladen.
Wurde Lösegeld gezahlt?
Russische Medien hatten von Forderungen in Höhe von rund einer Million Euro berichtet. Bislang war die Rede davon, dass die Seeräuber die „Arctic Sea“ nach zwölf Stunden ohne Beute wieder verlassen hätten. Die finnische Reederei Solchart Management dementierte Lösegeldforderungen.
cl
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