Affen-Plage in Indien: Makaken übernehmen die Kontrolle
Affen überall. In Indien gerät eine Affen-Plage zunehmend aus dem Ruder. Sogar am höchsten Gericht in der Hauptstadt Neu Delhi schlagen die Juristen die Hände über dem Kopf zusammen: "Bis ihr einen Plan habt, werden die Affen die Kontrolle in Delhi übernommen haben", kritisierten die Richter kürzlich die Behörden.
Ein Polizist im Tis Hazari-Gerichtsgebäude erzählt, er traue sich nicht mehr die Treppe hoch, seit mehrere der allgegenwärtigen Rhesusaffen – eine Makakenart – sich dort breitgemacht haben. "Sie verbreiten Angst und Schrecken unter den Anwälten und Richtern. Es ist absolutes Chaos."
Einige Bewohner Neu Delhis versuchten, Feuer mit Feuer zu bekämpfen und hielten Langurenaffen, um die Makaken zu vertreiben. Weil die Haltung dieser Affen in Gefangenschaft verboten wurde, müssen nun aber die Spezialisten ran: professionelle Affenschreier ahmen die schrillen Schreie der Languren nach, um die Rhesusaffen zu vergraulen.
Hindus verehren den Affengott - Tiere soll nicht geschadet werden
Ravi Kumar, der selbst ernannte Affenmann von Delhi, ist einer von ihnen. Er erklärt seine gewaltfreie – und religionskonforme – Lösung für das Affenproblem folgendermaßen: "Wir schlagen oder fangen sie nicht gerne, sie sind schließlich die Armee des Gottes Hanuman."
Viele Hindus verehren diesen Affengott. Affen gelten als seine Nachkommen. Sie zu verschrecken sei die beste Lösung, sagt Kumar. "Den Affen wird kein Schaden zugefügt, und es löst das Problem."
Mehr als 20.000 Rhesusaffen wurden in ein Schutzgebiet am Stadtrand umgesiedelt. Doch das hilft wenig. Die Makaken stiften auch in ihrer neuen Umgebung Chaos. Das Schutzgebiet ist überfüllt, und die dort gut versorgten Affen vermehren sich rasend schnell. Sie stehlen Essen, brechen in Häuser ein und verwüsten Geschäfte.
Die Affenplage ist aber nicht nur lästig, sie kann auch tödlich sein. Im Bundesstaat Odisha schnappte sich im April ein Affe vor den Augen von dessen Mutter ein Neugeborenes. Das Kind wurde später tot in einem Brunnen gefunden.
Der Mensch verdrängt die Tiere aus ihren Lebensräumen
Die aggressiven Affen sind nur ein Aspekt des zunehmenden Konflikts zwischen Mensch und Natur in Indien.
Rasches Bevölkerungswachstum im 1,3-Milliarden-Einwohner-Land und die industrielle Entwicklung drängen Wildtiere aus ihren angestammten Lebensräumen: Berichte von Tigern oder Leoparden, die in Dörfern Tiere reißen, sind nicht außergewöhnlich.
Elefanten zertrampeln Ernten, Schlangen machen es sich im Badezimmer gemütlich. Wildtiere und der Schutz der Wälder seien im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung hintangestellt worden, sagt Arinita Sandilya von der Umweltschutzorganisation Wildlife SOS. Diese Entwicklung hat einen hohen Preis: Elefanten und Tiger töten laut Mayukh Chatterjee vom Wildlife Trust of India jedes Jahr etwa 500 Menschen.
Gleichzeitig werden jedes Jahr etwa 100 Elefanten getötet. Sie werden vom Zug überfahren oder sterben in Elektrozäunen. Lynchmobs bringen Dutzende Leoparden um.
Tierschützer: Aggressivität der Menschen ist schuld
In Neu Delhi scheinen die Affen obenauf zu sein. "Wir fechten hier nicht nur rechtliche Kämpfe aus, wir müssen auch gegen diese Viecher kämpfen", sagt der Anwalt Anees Taj. Er sei bereits gebissen worden. Von der Regierung gebe es seit Jahren keine Hilfe, beklagt sich eine Anwältin. Seit 2001 wandere eine Petition durch die Institutionen, die Regierung habe aber bislang nicht entschieden, welches Ministerium für die Affen zuständig ist.
Für Tierschützer wie Chatterjee ist es oft die Aggressivität der Menschen, die diesen Konflikt eskalieren lässt.
"Wir sollten die Wälder wiederherstellen, damit die Tiere genug zum Fressen und Platz zum Leben haben", sagt auch Veterinär Suresh Chandra. "Die Lösung liegt darin, unser Handeln zu kontrollieren. Wir Menschen sind schuld."
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