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Zu schmal und unsicher: München baut die Radwege zurück

Dort, wo Autos nur Tempo 30 fahren dürfen, fahren Radler künftig auf der Fahrbahn und nicht mehr auf Radwegen. Das finden auch Radlaktivisten gut, warnen aber vor Schnellschüssen.
von  Christina Hertel, Michael Schleicher
Schmal ist er an mancher Stelle, der Radweg auf der Augustenstraße.
Schmal ist er an mancher Stelle, der Radweg auf der Augustenstraße. © Daniel von Loeper

München - Wenn in der Augustenstraße Tempo 30 gilt, soll der schmale Radweg dort zurückgebaut werden. Die Radler sollen dann auf der Straße fahren. Das beschloss der Stadtrat diesen Sommer.

Auch in vielen weiteren Straßen, wo die Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt ist, werden die Radwege nun nach und nach verschwinden. Das hat der Mobilitätsausschuss am Mittwoch beschlossen. "Stimmt auch die Vollversammlung des Stadtrats dem Beschluss zu, handelt es sich hierbei um eine zukünftige Daueraufgabe für die Stadtverwaltung, die nach und nach umgesetzt wird", heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Wie kommt das – ausgerechnet in München, einer Stadt, die plant, Millionen in den Radverkehr zu investieren? Tatsächlich sind nicht einmal Radlaktivisten dagegen: Andreas Schön vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) und auch SPD-Stadtrat Andreas Schuster, der den Radentscheid in München mitinitiierte, sagen beide: Schmale Radwege können unter Umständen sogar gefährlicher sein als die Straße. Zum Beispiel, wenn Autotüren auffliegen, die nahe am Radweg parken.

Nach und nach sollen die Radwege in 30er-Zonen deshalb überprüft werden, antwortete das Mobilitätsreferat vor dem Beschluss auf eine Anfrage der AZ. Wenn ohnehin Straßensanierungen anstehen, könnten dann also auch die Radwege abgebaut werden. Dies ist nun auch der konkrete Plan: Die Radwege sollen zurückgebaut werden, sobald in einer Tempo-30-Zone Sanierungsarbeiten anstehen sollten.

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Radwege in Tempo-30-Zonen nicht immer sicher

Auch das Mobilitätsreferat betont, dass viele Radwege in Tempo-30-Zonen nicht den notwendigen Sicherheitsstandards entsprechen, weil sie zu schmal sind, weil die Sicherheitsabstände zu Parkplätzen zu gering sind oder weil sie schlecht einsehbar sind.

"Die technischen Regelwerke empfehlen in Tempo-30-Zonen deshalb den Mischverkehr auf der Fahrbahn als die sicherste Variante der Verkehrsführung", so das Referat. Vorteile hat das auch für die Fußgänger: Denn dadurch können die Gehwege breiter werden.

"Mit diesem Beschluss können wir die Münchner Straßen in den Tempo-30-Zonen 'aufräumen' und neu gestalten. Viele Radwege dort stammen aus vergangenen Jahrzehnten, durch die Einführung von Tempo-30-Zonen sind die meisten längst überflüssig geworden. Wenn dort eine Sanierung ansteht, wird der Bereich verkehrsplanerisch und stadtgestalterisch auf den neuesten Stand gebracht", wird Mobilitätsreferent Georg Dunkel in der Mitteilung zitiert.

Wenn hier eine Autotür aufgeht, kann es gefährlich werden.
Wenn hier eine Autotür aufgeht, kann es gefährlich werden. © Daniel von Loeper

Früher, so schildert es SPD-Stadtrat Andreas Schuster, stand es in München gar nicht zur Debatte, die Radwege zurückzubauen. Dass sich das nun ändert, wenn der örtliche Bezirksausschuss keine Einwände hat, hält Schuster für richtig. "Allerdings muss die Straße dann auch wirklich als Tempo-30-Zone erkennbar sein." 

Andreas Schön vom ADFC stimmt zu: "Die Stadt darf nicht den Fehler machen, einfach nur den Radweg abzubauen, aber keinen Ersatz zu schaffen." Ideen, wie man die Straßen beruhigen und für Radfahrer sicher machen könnte, hat Schön einige: zum Beispiel, in dem man die Straße zur Einbahnstraße erklärt oder nur noch Anwohner durchfahren lässt. "Poller wirken Wunder."

Jedoch kann es in Einzelfällen auch sein, dass die Radwege zumindest abschnittsweise erhalten bleiben, die Stadt führt Radwege vor Schulen als Beispiel an. Andere Beispiele: "Straßen, die optisch und baulich nicht dem Zonencharakter entsprechen und wie Hauptverkehrsstraßen anmuten, oder in Einbahnstraßen, die für den Radverkehr in Gegenrichtung geöffnet sind." In solchen Fällen werden die Radwege dann nicht ab-, sondern entsprechend umgebaut. Gegebenenfalls müsste dann auch die komplette Straße neu überplant werden.

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