Zeugnis gefälscht - Polizist gefeuert
MÜNCHEN/ROSENHEIM „Ich wollte unbedingt zur Polizei.“ Dafür brauchte Paul Huber (51, Name geändert) einen mittleren Bildungsabschluss. Doch den hatte der Rosenheimer vergeigt. Und zwar gründlich. In der neunten Klasse war er einmal sitzen geblieben. Die zehnte Klasse, die er wegen einer 6 in Latein wieder nicht schaffte, durfte er nicht mehr wiederholen.
Da kam der damals 17-Jährige auf die Schnapsidee, sein Zeugnis zu fälschen. Aus der Latein-6 wurde dank Tipp-Ex eine 5. Abschluss perfekt, der Polizisten-Ausbildung stand nichts mehr im Wege. Zumal den Sachbearbeitern nicht auffiel, dass auf dem Dokument das Dienstsiegel fehlte und verdächtige Schreibfehler zu erkennen waren.
33 Jahre lang versah Paul Huber danach seinen Dienst ohne Fehl und Tadel, diente sich zum Polizeihauptmeister hoch. Dann kam der Januar 2011. In zwei Briefen an den Rosenheimer Polizeipräsidenten und die Lokalzeitung erklärte ein anonymer Schreiber, dass der Polizeipräsident doch einmal die Zeugnisse von Paul Huber überprüfen solle. Dieser habe in einer Zecherrunde gestanden, dass er sein Zeugnis gefälscht habe.
Das mit der Zecherrunde stimmt nicht, sagte Paul Huber gestern. „Ich habe zehn Jahre lang niemandem etwas gesagt und die Urkundenfälschung danach nur meiner damaligen Frau gestanden.“ Von der wurde er 2008 geschieden. Kurz nach seiner letzten Unterhaltszahlung kamen die Briefe an. Für den Polizisten ist es daher wahrscheinlich, dass die anonymen Vorwürfe aus dieser Ecke stammen. Der Kreis der Mitwisser sei jedenfalls sehr klein gewesen.
Seine Vorgesetzten überprüften die Unterlagen und erkannten schnell, dass es sich bei dem Zeugnis tatsächlich um eine Fälschung handelte. Das Polizeipräsidium hat da laut Beamtenstatutengesetz keine andere Wahl, als den geschätzten, aber betrügerischen Kollegen zu suspendieren. Das Gesetz sieht bei arglistiger Täuschung zwingend den Rauswurf vor. Was die Rosenheimer denn auch taten.
Huber klagt. Strafrechtlich war der Betrug nach 30 Jahren verjährt, das Verfahren gegen Huber wurde schnell eingestellt. Disziplinarrechtlich aber gibt es keine Verjährung. „Meine Hoffnung geht gegen null“, sagt Huber daher vor der Verhandlung. „Aber es ist der letzte Strohhalm, an den ich mich klammere.“
Vielleicht hat er zu schwarz gesehen. Verwaltungsrichter Dietmar Zwerger brachte gestern den „Joker“ der Verhältnismäßigkeit ins Spiel. Für das Delikt, das der „verspielte“ 17-Jährige (so die Einschätzung seiner Lehrer damals) begangen hatte, soll er nun zum Sozialfall werden.
Denn würde die Ernennung zum Beamten rückgängig gemacht, wäre eine Folge, dass er die Hälfte seines Rentenanspruchs verlieren würde. Mit 51 Jahren stünden auch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlecht.
Das Urteil soll heute verkündet werden.