Zecken-Alarm in München: Das rät der Experte

München - Sommerzeit ist Zeckenzeit. Das ist nervig – und kann gefährlich werden. Denn Zecken übertragen verschiedene Krankheiten, unter anderem FSME.
Dieses Jahr gilt München nun erstmals als FSME-Risikogebiet. Was das bedeutet und wie man sich schützen kann, erklärt Dr. Markus Frühwein im AZ-Gespräch. Frühwein ist 42 Jahre alt und betreibt seit 2016 eine Arztpraxis in der Brienner Straße in München.
AZ: Herr Frühwein, das Robert-Koch-Institut hat München dieses Jahr erstmals zum Risikogebiet für FSME erklärt. Was genau kann man sich unter FSME vorstellen?
DR. MARKUS FRÜHWEIN: FSME ist eine schwere Erkrankung des zentralen Nervensystems. Eine normale FSME hat einen zweiphasigen Verlauf: Erst fühlt sie sich wie ein grippaler Effekt an. Dann ist ein paar Tage nichts mehr zu spüren und alles scheint wieder gut zu sein. Und wenn man Pech hat, geht sie danach in eine Gehirnhautentzündung über. Das ist wirklich eine blöde Erkrankung, die sogar tödlich enden kann.
Ein Zeckenbiss kann tödlich enden – es gibt aber einen Impfstoff
Lassen sich in Ihrer Praxis mehr Menschen gegen FSME impfen, seit München als Risikogebiet eingestuft ist?
Ja, definitiv. Es ist gerade erst Mittagszeit und ich habe heute schon acht Menschen gegen FSME geimpft.
Also raten Sie dazu, sich impfen zu lassen?
Unbedingt! Die Wahrscheinlichkeit, sich mit FSME zu infizieren, ist gar nicht mal so gering. Zeckenstiche sind häufig und zuletzt haben sich allein in Süddeutschland jedes Jahr bis zu 700 Menschen infiziert. Und da ist die Dunkelziffer nicht mit eingerechnet.

Während Corona sind in München regelmäßig Impfskeptiker auf die Straße gegangen. Schlägt sich das in ihrer Praxis auch bei der Frage nach der FSME-Impfung nieder?
Im Gegenteil. Ich habe eher das Gefühl, dass Corona bei den meisten Menschen das Verständnis von Impfungen vertieft hat. Jeder Zweite kennt sich plötzlich mit Antikörpern aus und kann die verschiedenen Impfstoffe voneinander unterscheiden. Die Impfskeptiker sind eine ziemlich kleine Gruppe, sie sind nur sehr laut. Bei uns in der Praxis hat die Zahl der Impfungen eher zu- als abgenommen.
Von Zecke gebissen: Einmal infiziert ist FSME unheilbar
Was raten Sie Menschen, die noch nicht gegen FSME geimpft sind und die von einer Zecke gebissen wurden?
Was FSME angeht, gilt: Wenn ich nicht geimpft bin, ist das Kind mit dem Stich bereits in den Brunnen gefallen. Da hilft dann auch eine sofortige Nachimpfung nichts. Wenn die Zecke mich infiziert hat, kann ich nichts mehr machen. FSME ist eine nicht behandelbare Krankheit, man kann nur die Symptome lindern. Anders ist das bei Borreliose, da spielt es eine Rolle, wie schnell man die Zecke entfernt.
Was ist Borreliose?
Das ist eine Bakterieninfektion, die ebenfalls durch Zecken übertragen wird. Borreliose ist der Grund dafür, dass man Zecken immer sofort entfernen sollte, wenn man an seinem Körper welche findet. Das Risiko, an Borreliose zu erkranken, steigt nämlich mit der Dauer des Saugaktes.
Zecken immer direkt entfernen, rät der Experte
Woran merkt man, dass man sich infiziert hat?
Borreliose zeigt sich meistens durch einen roten Ring rund um die Einstichstelle und kann deshalb oft durch eine reine Blickdiagnose identifiziert werden. In manchen Fällen muss man auch einen Antikörpertest machen. Es kursieren allerdings viele Tests, die für die Diagnose nicht geeignet sind. Das führt dazu, dass Leute teilweise monatelang mit Antibiotikum behandelt werden, obwohl sie eigentlich gar keine Borreliose haben.
Was für Tests meinen Sie?
Da gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Ob Dunkelfeldmikroskopie oder Lymphozytentransformationstests: Das braucht es alles nicht. Grundsätzlich gilt: Die Tests, die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden, reichen völlig aus – alles, was zusätzlich Geld kostet, kann man sich sparen.
Wie gefährlich sind denn Zeckenstiche nun?
Wenn man gegen FSME geimpft ist, hat man eigentlich nichts zu befürchten. Borreliose ist zwar häufiger als FSME, aber dafür wirklich gut behandelbar.