Zaz - Artgerechte Rampensau

Was für eine Rampensau. Diese Frau ist bereit alles zu geben. Zwei schweißtreibende Stunden lang hält Isabelle Geffroy, die auf den schönen Künstlernamen Zaz hört, in der Tollwood-Arena ein unglaubliches Tempo durch – in einem als Pop-Event getarnten Jazz-Konzert, das sich wenige kurze Ruhepausen in Form von Akkordeon-angereicherten Chanson-Sentimentalitäten erlaubt.
Ihr drittes Studio-Album hat die 35jährige, Cabaret- und Straßenmusik-erfahrene Französin der Stadt der Liebe gewidmet.
Mit ihrem Produzenten Quincy Jones kleidete Zaz all die Gassenhauer und Evergreens neu ein, in denen Paris oft so verklärend beschrieben wird. Das Paris von Zaz ist eine swingende, pulsierende, beschwingt tänzelnde Metropole, die vom Jazz infiziert ist.
In großartigen Arrangements, die manchmal modern getönt sind, oft aber auch in die goldenen Zeiten vor dem 2. Weltkrieg passen würden, geht das Spektrum von rasanten Gypsy-Jazz-Anleihen über Dixieland bis hin zu Bebop-gefärbten Nummern, in denen die viel-prämierte Madame Geffroy mit dieser herrlich brüchigen aber doch so kraftvollen Stimme sogar jodelt und in kurzen Scat-Einlagen brilliert – die sollte sich manch eine, die sich hierzulande für eine Jazzsängerin hält, mal ganz genau anhören.
Zaz ist keines dieser Pop-Püppchen, die sich nur um sich selbst drehen, die das Spotlight nur auf sich gerichtet haben wollen.
Sie weiß genau, dass Musik nur zusammen mit denen funktioniert, die da mit ihr auf der Bühne stehen. In diesem Fall sind das lauter handverlesene Asse, die immer wieder ausführlich vom Leder ziehen dürfen. Die neckische Zaz zupft dem einem während eines Solos am Gürtel und knüpft dem anderen bei einer virtuosen Einlage das Hemd auf. Ihre Form von Anmache besitzt aber so gar nichts Schlüpfriges.
Was für ein beglückendes Konzert war das doch, in dem Tollwood-Stammgast Zaz nicht nur zweimal die Garderobe wechselte (war auch nötig), sondern auch immer wieder Überraschungen aus dem Ärmel zog, etwa dieses schwarze Vokal-Quartett, das in bester „Take 6“-Manier satte Close Harmony-Folgen ins Zelt schmetterte. Einziges Manko dieses Abends, an dem die sozial engagierte Französin auf Deutsch auch ihre Unterstützung für das Aktionsbündnis „Artgerechtes München“ kundtat: solche Musik wie die ihre gehört eigentlich in den passenden Rahmen, in einen größeren Club, eine bestenfalls mittelgroße Halle.