Wohn-Wahnsinn: 400 Bewerber, ein Apartment

34 Quadratmeter in Sendling für 500 Euro Miete warm: So hat Jeanette Hirschmann ihre kleine Wohnung inseriert. Was dann folgt, ist ein unfassbarer Ansturm von Interessenten.
Thomas Gautier |
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Witzig, lässig, entspannt: Jeanette Hirschmann mit ihrem neuen Mieter Bertram Spitzl bei der Schlüsselübergabe.
Witzig, lässig, entspannt: Jeanette Hirschmann mit ihrem neuen Mieter Bertram Spitzl bei der Schlüsselübergabe.

MÜNCHEN Bei der Schlüsselübergabe flachsen und lachen sie – per Du sind sie seit der Vertragsunterschrift. Jeanette Hirschmann (55) hätte es kaum besser treffen können: Bertram Spitzl ist seriös, zahlungskräfig, vor allem aber nett. Der perfekte Mieter. Dass sie ihn gefunden hat, ist kein Zufall. Sie hatte freie Auswahl.

Für ihr Ein-Zimmer-Apartment in Sendling bekam die Ehe- und Familienberaterin eine unglaubliche Menge an Anfragen. Genau 400!

Anfang April hatte Hirschmann die kleine Wohnung auf „Immoscout” ins Internet gestellt: 34 Quadratmeter, zentrale Lage in der Maronstraße in Sendling, Parkett, neue Küche, Baujahr 1977 – für 500 Euro im Monat. Warm.

Hirschmann hat nicht besonders viele Interessenten erwartet. Als sie vor sechs Jahren einen Mieter für diese Wohnung suchte, hatte sie große Schwierigkeiten, überhaupt jemanden zu finden. Vor drei Jahren meldeten sich gerade mal 25, „vor zwei Jahren waren es dann 120”.

Was diesmal folgt, ist ein Ansturm. 400 Leute rufen, mailen, klopfen an – in nur wenigen Tagen. „So viele Bewerbungen habe ich noch nie bekommen”, sagt Hirschmann, „das war extrem”. Nach zwei Stunden nimmt sie ihre Telefonnummer von der Web-Seite: „Das ging einfach nicht mehr.”

Hirschmann handelt wie ein Personaler. Sie überfliegt die Bewerber, pickt sich einige raus, nimmt das Angebot aus dem Netz und macht zwei Besichtigungstermine aus.

Eines fällt ihr aber doch auf: Fast alle, die sich da melden, sind eher jung. „Die allermeisten waren unter 30”, sagt Jeanette Hirschmann. „Es gab einen sehr hohen Studentenanteil, oder es waren welche, die gerade einen Job oder ein Praktikum in München anfangen – und sehr viele waren Ausländer: Aus Portugal, Afrika, Russland, China und sehr viele aus Osteuropa.”

Bei den Terminen: das gleiche Bild. Die meisten haben keinen Gehaltsnachweis und bringen Bürgschaften ihrer Eltern mit – „einer sagte sogar, sein Vater sei Vorstand einer großen Münchner Firma”, sagt Hirschmann. „Das hat mich bedrückt: Mit Wohnungsnot haben die jungen Leute doch bestimmt nicht gerechnet. Und die Firmen helfen ihnen auch nicht, eine Wohnung zu finden.”

Dieses Phänomen fällt auch Bertram Spitzl auf. Bei einer Wohnungsbesichtigung in der Maxvorstadt „ging die Schlange vom 2. Stock bis auf die Straße – alle waren Studenten oder junge Singles.”

Dass er – mit 43 Jahren – die Wohnung bekommen hat, lag übrigens nicht an seinem Alter. „Er saß ganz lässig da, war witzig und entspannt”, sagt Jeanette Hirschmann über ihren neuen Mieter.

Also: Ganz locker rangehen. Dann sticht man auch aus 400 Bewerbern heraus.

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