Wo ist Carlie? - Mega-Suchaktion in München
München - Weiß-grau-beige farbenes Fell, kurzer Stummelschwanz und etwa 50 Zentimeter groß. Mehr als 50 000 Zettel mit diesen Erkennungsmerkmalen haben Helfer nach eigenen Angaben in ganz München verteilt. Bislang ohne den erhofften Erfolg. Auch nach rund vier Wochen intensiver Suche ist es nicht gelungen, die anderthalbjährige Hündin Carlie zurück zu ihrer Besitzerin Bine, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, zu bringen. Und das, obwohl die Hündin angeblich nahezu täglich im Stadtgebiet gesehen wird.
Begonnen hat alles am 19. Juli: Carlie sei damals von einem eingezäunten Grundstück entwischt. Dann sei sie fast angefahren worden und in Panik davongerannt. Seitdem ist das Tier den Angaben zufolge auf sich gestellt. Immer wieder melden sich Menschen, die den Hund gesehen haben wollen. Meist im Englischen Garten oder an der Isar. Das Problem laut Bine: "Bis wir das dann mitkriegen, nach frühestens 20 Minuten, da ist sie schon sonst wo." Bis zu 20 Kilometer lege die Hündin am Tag zurück.
Dennoch warnt die 33-Jährige davor, bei einer Sichtung Einfangversuche zu unternehmen. Carlie könne dadurch erschreckt und vertrieben werden: "Dann wird sie Angst bekommen und nie wieder an diese Stelle zurückkommen und wir verlieren ein potenzielles Gebiet, wo wir uns relativ sicher sind, dass sie sich aufhält."
Laut dem bundesweiten Haustierregister Tasso gelten derzeit in Bayern mehr als 3000 Hunde als vermisst. Händisch geschriebene oder einfach gestaltete Suchzettel, verteilt auf kleinem Raum, sind da keine Seltenheit. Mit der Dimension, die die Münchner Suche nun erreicht hat, sind sie kaum vergleichbar.
Unzählige in Farbe gedruckte und mit Plastik umhüllte Zettel im gesamten Stadtgebiet, Interviews und Berichte in den Medien inklusive Liveticker sowie Aufrufe auf Facebook und eine professionell gestaltete Homepage - viele Menschen haben in München schon etwas von der Suche nach Carlie mitbekommen. Bine ist überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Münchner: "Es ist Wahnsinn, es ist total organisiert. Es wär eigentlich, wenn es nicht so ein trauriger Anlass wär, total schön, wie München zusammenhält."
Auch für die professionellen Helfer ist die Aktion Neuland. "So ein Interesse hatten wir noch nie", sagt Judith Brettmeister vom Tierschutzverein München. Dass eine Suche "so um sich greift", habe sie noch nicht erlebt. Eveline Kosenbach, Leiterin der Vermisstenstelle des Tierschutzvereins, sieht in der großen Aufmerksamkeit auch Nachteile: "Das war einfach zu viel, somit ist eigentlich der Hund durch die Stadt gejagt worden und das ist schlecht, weil der Hund zur Ruhe kommen muss."
Mit einem 15-köpfigen Team, bestehend aus Familie und Freunden, koordiniert Bine die Suchaktion. "Viele von ihnen haben sich Urlaub genommen. Einer kümmert sich hauptsächlich um die Homepage, zwei um PR und Marketing, Bilder verschicken, Flyer bestellen, einer um Facebook und Whatsapp." Rund 30 weitere Helfer seien eingebunden. Der erweiterte Helferkreis von etwa 100 Leuten verteilt nach den Angaben Flyer.
Es ist ein großer Zusammenhalt und eine Professionalität, die manche auch skeptisch werden lässt. Einigen kommt die Aktion merkwürdig vor, andere zweifeln, ob es den Hund überhaupt gibt. Doch Bine betont: "Es ist leider keine Sommerlochgeschichte. Es ist leider die Realität." Sie will weitermachen, "bis der Hund da ist".
Dass Carlie nach wie vor in der Landeshauptstadt unterwegs ist, da ist sie sich sicher. Hungern brauche das Tier nicht, in den Biergärten und an den Grillplätzen gebe es genug Reste zu finden. Die Besitzerin kann sich daher vorstellen, dass die Suche sich noch Monate hinzieht.