"Wird ein Nachspiel haben": Heftige Kritik nach dem Schneechaos in München
München - Endlich regnet es am Glühweinstand nicht in den Becher und Bing Crosbys Schnulze "White Christmas" passt plötzlich wunderbar ins Wintermärchen, das sich quasi über Nacht in München breitgemacht hat. Wenn da nur nicht diese riesigen Schneemassen und der Frost wären, die vereisten Trambahnschienen, zugeschneite Parkplätze und Haltestellen und mancherorts nur mehr handtuchbreite Fahrspuren auf den Straßen.
Hohe Schneebruchgefahr: Nymphenburger Schlosspark bleibt geschlossen
In der Fußgängerzone ist das Gedränge groß. Die einen suchen Geschenke für ihre Lieben. Andere nutzen den Wintertag für Bratwurst und Glühwein auf dem Christkindlmarkt oder einen stimmungsvollen Spaziergang durch die tief verschneiten Isarauen. Spaß haben Schlitten- und Skilangläufer aber auch die Surfer auf der Eisbachwelle.

Sorgen bereiten die vielen schneebedeckten Bäume. Manche neigen sich bereits gefährlich, Äste brechen unter der Schneelast ab. Im Englische Garten ist die Schneebruchgefahr extrem hoch. Die Schlösserverwaltung warnt davor, die bewaldeten Bereiche im Park zu betreten. Der Zugang zum Monopteros ist gesperrt. Der Schlosspark Nymphenburg bleibt aufgrund der hohen Schneebruchgefahr sowie umgestürzter Bäume auch Dienstag geschlossen, das gilt auch in Schleißheim für Schlosspark und Schloss Lustheim.
Schneechaos in München: Feuerwehr im Dauereinsatz, Oberleitungen bei Bahn und Straßenbahn sind beschädigt
Die Feuerwehr ist bis Sonntag um Mitternacht zu 785 schneebedingten Einsätzen gerufen worden. "Bäume in Oberleitungen von Bahn und Straßenbahn häuften sich", so ein Sprecher der Berufsfeuerwehr. Etliche Bäume kippten um. Sie lagen auf Autos oder quer über Straßen und wurden zersägt. Während im Landkreis Starnberg der Unterricht an Grund- und Mittelschulen bis zur 6. entfallen ist, findet an Münchner Schulen der Unterricht statt, wenn auch manche Schülerinnen und Schüler mit Verspätung im Klassenzimmer eintrudelten. Man erwarte eine weitere Stabilisierung der Witterung, heißt es auf der Internetseite der Stadt.
S-Bahn-Sprecherin: "Sämtliche Streckenabschnitte weisen immense Schäden auf"
Am meisten zu kämpfen hat noch immer der ÖPNV mit der Winterpracht, was die Fahrgäste am Montagmorgen auf dem Weg zur Arbeit zu spüren bekommen. Bei der S-Bahn läuft es auf etlichen Strecken nur eingeschränkt oder gar nicht. Bei der S3 in Holzkirchen fallen morgens reihenweise Züge aus. "Ich geh' nach Hause und arbeite aus dem Homeoffice" sagt IT-Experte Julian H. (28). Auch bei der Regiobahn gibt's weiter Probleme.

"Sämtliche Streckenabschnitte weisen immense Schäden auf", sagt Unternehmenssprecherin Annette Luckner. Bis Mittwoch sollen die Probleme mit vereisten Weichen und umgestürzten Bäumen in Oberleitungen behoben sein. Betroffen sind die Strecken ins Oberland aber auch die S-Bahnen.
Busse, Trambahn und U-Bahn in München: MVG erklärt, warum die Räumarbeiten so lange dauern
Wieder gut im Griff hat die MVG den Betrieb bei der U-Bahn. Auch die Busse fahren, wenn auch nicht immer störungsfrei. "Oft sind Haltestellen nicht geräumt", sagt MVG-Sprecher Maximilian Kaltner. Die größten Probleme hat die Tram. Eis und Schnee setzen sich in den Rillenschienen fest. "Das passiert vor allem an Stellen, wo Autos über die Schienen fahren", sagt Maximilian Kaltner. Die Räumtrupps bleiben nur Kratzeisen und Salz. "Das ist eine Sisyphos-Arbeit", so der MVG-Sprecher. Die Linien 19 und 20 sollten bis Montagabend abschnittweise wieder in Betrieb gehen.
Herbe Kritik übt der Fahrgastverband Pro Bahn: "Angesichts des Anspruchs Münchens, Weltstadt zu sein und die Verkehrswende voranzutreiben, darf das Geschehene aber nicht einfach nur passiv hingenommen werden", so Sprecher Andreas Barth. Berthold Maier vom Arbeitskreis Attraktiver Nahverkehr: "Warum wurde nicht wenigstens versucht, einen Notbetrieb beim Busnetz aufrecht zu erhalten? Offensichtlich verfügt die MVG über kein brauchbares Notfallkonzept. Sicherlich nicht geholfen hat, dass beim Schneeräumen auf den Straßen Bus- und Tramhaltestellen nicht geräumt wurden."
"Stillstand bei der Bahn auch heute, das wird ein Nachspiel haben", sagte Markus Büchler, Abgeordneter der Grünen im Landtag.
Schnee-Chaos in München: CSU fordert "deutlich verbesserte Notfallstrategie"
Auch im Rathaus ist die Verärgerung über das mangelnde Winter-Management groß: Die CSU-Fraktion forderte wegen des "viel zu langen Ausfalls wichtiger ÖPNV-Verbindungen eine deutlich verbesserte Notfall-Strategie". Die MVG brauche eigene Schneepflüge für Trams, die schnell und effizient Schienen räumen.
Fraktionschef Manuel Pretzl: "Viele Bereiche Münchens sind immer noch vom ÖPNV abgeschnitten. Das ist ein Armutszeugnis für eine Regierung, die für die Verkehrswende gewählt wurde." Die CSU fordert die MVG auf, "ein Konzept vorzulegen, wie auch bei starkem Schneefall und niedrigen Temperaturen ein durchgehender Betrieb von Tram- und U-Bahn sichergestellt werden kann". Die ÖDP hält die Vorbereitungen der MVG auf Wetterextreme für unzureichend.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wirbt für Verständnis. Er sei auch nicht "glücklich über die Situation". Man habe es aber mit außergewöhnlich viel Schnee zu tun. Bei der Bahn sind über 1.500 Räumkräfte und schweres Gerät im Einsatz, um die Strecken wieder flottzubekommen, so ein Sprecher. Es fahren wieder Fernzüge in Richtung Österreich.
Die MVG erklärte: "Im Gegensatz zum Jahr 2006, in dem ähnlich viel Schnee fiel, haben wir es jetzt mit frostigen Temperaturen zu tun."
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