"Wir sind das nachhaltigste Quartier Deutschlands“: Sugar Valley wird gebaut

München Obersendling: Das riesige neue autofreie Quartier Sugar Valley wird das nachhaltigste Quartier in Deutschland.  
von  Eva von Steinburg
Abrissbagger am Werk: die alte Halle der Zwischennutzung "Sugar Mountain" muss weichen.
Abrissbagger am Werk: die alte Halle der Zwischennutzung "Sugar Mountain" muss weichen. © Eva von Steinburg

Es dröhnt und kracht an der großen Baustelle "Sugar Valley". Das riesige Bauprojekt an der Boschetsrieder Straße 129 in Obersendling folgt auf die dreijährige Zwischennutzung "Sugar Mountain".

An der U-Bahn-Station Aidenbachstraße hatte Zwischennutzer Michi Kern das aufgegebene Betonwerk bespielen können: mit Skatepark und Boxkampfarena, Public Viewing während der Fußball-EM 2024 oder Konzerten in der Halle. „Die Zwischennutzung hatte eine brutale Resonanz, gerade die kostenfreien Angebote. Auch wir sind Skateboard gefahren, haben unten Basketball gespielt“, sagt Andreas Hofmann, der Salvis-Kontaktmann für zukünftige Mieter.

Das bekannte Graffiti "Big Love" wird abgebrochen


Eigentümer des 40.000-Quadratmeter-Geländes ist die Münchner Salvis Consulting. Sie lässt gerade eine große Baugrube für die Tiefgarage mit 1000 Plätzen ausheben. Bagger reißen jetzt die ausgediente Halle des früheren Betonwerks weg. Auch das bunte und bekannte Graffiti „Big Love“ muss weichen.

An allen Ecken und Enden passiert etwas. Schon 2028 soll der erste Hochpunkt bezugsfertig sein. Der ambitionierte Gesamt-Plan: Elf Gebäude werden im „Sugar Valley“ errichtet, in einem Quartier, das an der Oberfläche komplett autofrei ist. Drei der Gebäude sind Büro-Türme: 80-Meter-Hochpunkte, von der Höhe in etwa vergleichbar mit den Wohnhochhäusern auf der anderen Seite der Boschetsrieder Straße.

200 bis 300 Wohnungen sollen an der U-Bahn-Station Aidenbachstraße entstehen


Die Vision der Macher: 4500 neue Arbeitsplätze entstehen direkt an der U-Bahn-Station Aidenbachstraße. Dazu 200 bis 300 Wohnungen. 20 Prozent davon sollen behindertengerecht gebaut werden.
Doch: Wieso ist die Zahl der geplanten Wohnungen eigentlich so niedrig? Bei der Wohnungsnot in München, mit zwei Schulen in der Nähe und direkt an der U-Bahn-Station und bald auch zwei Tramhaltestellen – sobald die Trambahnwesttangente fertig ist. Der Grund: Da hier eine laute Betonfabrik stand, es noch eine Produktion von Schmierstoffen in der Nachbarschaft gibt, geht die Stadt von „Lärmemissionen“ in der Umgebung aus. Das Areal ist im Bebauungsplan der Stadt noch als Gewerbegebiet ausgewiesen, wird der AZ-Reporterin erklärt – beim Blick auf die gigantische Baustelle von oben. Der Blick auf die Alpenkette nach Süden ist hier übrigens fantastisch unverbaut.

Ulrich O. Fischer, Vorstand der Salvis Consulting, erläutert die Situation: „Es liegt nicht an uns. Wir möchten mehr Wohnungen bauen, wenn es geht. Dazu sind wir in guten Verhandlungen mit der Stadt.“

Fertigstellung 2028: Im ersten Baufeld sind ein 80-Meter-Büroturm, auch Gewerbegaragen, die Eventhalle und ein Quartiersplatz geplant.
Fertigstellung 2028: Im ersten Baufeld sind ein 80-Meter-Büroturm, auch Gewerbegaragen, die Eventhalle und ein Quartiersplatz geplant. © Eva von Steinburg

Ziel ist ein 5-Minuten-Quartier


Die Wohnungsfrage ist also noch offen: Was aktuell ansteht, ist der Bau von Büros und Gewerbefläche, ganz im Einklang mit dem Bebauungsplan. Gute Arbeitsräume für München zu schaffen, die Spaß machen und Leute vernetzen, weil das Co-Working, das Fitnesscenter, der Lebensmittelladen, der Quartiersplatz und die Event- und Markthalle gleich um die Ecke sind – das ist das Ziel des neuen „5-Minuten-Quartiers“.

Andreas Hofmann von Salvis Consulting.
Andreas Hofmann von Salvis Consulting. © Eva von Steinburg

Fahrradladen und Radlwerkstatt passen zum Nachhaltigkeitskonzept


Die Welt der Arbeit wird das Quartier prägen: Speziell für Gewerbe, auch für Handwerker und innovative Start-ups sind besondere Werkstätten geplant: „Gründergaragen“ in Erdgeschosszonen. Diese Arbeitsräume bekommen ein großes Tor und hohe Decken. „Es ist möglich, was auch immer hier zu reparieren oder zu erforschen, wie Satellitentechnik“, erläutert Andreas Hofmann. Im gewerblich geprägten „Haus 2“ wird ein Fahrradladen integriert – mit Werkstatt. „Damit für Jobräder die Wartung einfach ist. Das passt zu unserem Nachhaltigkeitskonzept“, so Hofmann. 868 Fahrradplätze haben die Architekten geplant.

Spätestens 2031 soll das autofreie Quartier fertig sein

Das Großprojekt im Südwesten soll ab 2030/31 am Wochenende die Nachbarschaft anziehen: über die neue Markt- und Eventhalle, fünf Sport- und Spielplätze sowie den riesigen Quartiersplatz mit rund 5000 Quadratmetern Freifläche. Blickfang hier: ein Springbrunnen mit Wasserfläche, ähnlich wie in Lyon. Gastro soll in viele Bauten im Erdgeschoss einziehen.

Aktuell sind 300 Wohnungen im Quartier vorgesehen – dort, wo sich jetzt Schuttberge türmen. Links: die U-Bahn-Station Aidenbachstraße.
Aktuell sind 300 Wohnungen im Quartier vorgesehen – dort, wo sich jetzt Schuttberge türmen. Links: die U-Bahn-Station Aidenbachstraße. © Eva von Steinburg

Wir sind das nachhaltigste Quartier in Deutschland

Höchste Nachhaltigkeitsstandards strebt das „Sugar Valley“ an. Am Mittwoch hat das Quartier die „Leed-Platin-Zertifizierung“ erhalten. „Damit sind wir das nachhaltigste Quartier in Deutschland“, freut sich Andreas Hofmann. 40 Prozent Wasser sollen in Zukunft durch Einbau hocheffizienter Armaturen gespart werden – eine Einsparung von 30 Millionen Litern im Jahr.

Eine andere schlaue Lösung vermeidet Lkw-Fahrten quer durch München zum Betonwerk: Weil Platz ist, kann die Abbruchfirma Beton vor Ort zerkleinern. Der Schutt wird auf Haufen getürmt und von hier an Drittbaustellen verkauft. 160 neue Bäume erhält das Gelände. Was im Moment Straße für Baufahrzeuge ist, wird später einmal zum grünen Band, mit Rad-und Fußweg.

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