"Wir haben Mist gebaut": Brot-Baron gibt Fehler zu!
NEUFAHRN - Freitagmorgen, 11Uhr: Klaus-Dieter Ostendorf lässt auf sich warten. Frost und Kälte haben den Flug des Geschäftsführers und Hauptgesellschafters von Müller-Brot verspätet. Die Besprechung zwischen Geschäftsführung, Betriebsrat und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fängt etwa eine Viertelstunde später an.
Dann reden die sieben Männer im Konferenzzimmer der Zentralbäckerei in Neufahrn zwei Stunden lang – es gibt ja auch einiges zu klären. Wer trägt die Schuld am Hygiene-Skandal? Wer hat Fehler gemacht? Und wer muss die Misere jetzt ausbaden?
Die AZ sprach nur wenige Minuten nach dem Ende der Sitzung mit einem Teilnehmer, dem Münchner NGG-Chef Freddy Adjan.
AZ: Herr Adjan, Sie kommen soeben aus der Besprechung. Wie war die Stimmung?
FREDDY ADJAN: Angespannt, sehr ernsthaft, aber sachlich. Wir haben viele Fragen mit Nachdruck gestellt.
Am Tisch saß auch der Hauptgesellschafter und Geschäftsführer, Klaus-Dieter Ostendorf. Wie hat er gewirkt?
Er war sehr verärgert über die Situation. Er hat gesagt: „Wir haben Mist gebaut – wir haben Fehler gemacht im Management.“ Deshalb hat es auch Konsequenzen gegeben: Jürgen Kluge, der Geschäftsführer für Produktion, ist seines Amtes enthoben worden.
Der erste Rausschmiss?
Das habe ich nicht gesagt – aber er ist nicht mehr Produktionsleiter.
Was sind jetzt die Konsequenzen des Hygiene-Skandals?
Wir befürchten, dass Mitarbeiter gehen müssen – die Frage ist nur: wie viele? Die Geschäftsführung hat keine Zahl genannt. Man will erst auch die Abnahme der Zentralbäckerei durch die Behörden nächsten Freitag abwarten.
Sie gehen aber grundsätzlich von Entlassungen aus?
Die Großkunden Aldi und Lidl sind abgesprungen. Beide machen etwa 20 Prozent vom Gesamtumsatz aus. Wenn die nicht zurückkommen – ja, mit jedem Kunden, der nicht mehr weiter bei Müller-Brot kauft –, wird es schwierig, Leute zu halten. Zumal Geschäftsführer Stefan Huhn schon vor dem Skandal angedeutet hat, dass man sich über personelle Maßnahmen unterhalten müsse. Da ist die Schließung ein tolles Feigenblatt, um sich von Mitarbeitern zu trennen – um sich „gesund“ zu sparen. Der Skandal ist für die Geschäftsleitung ein gutes Argument.
Wird es Mitarbeiter in der Produktion oder Verkäufer in den Filialen treffen?
Sowohl als auch. Wir befürchten aber, dass der Produktionsstandort und die Logistik am stärksten betroffen sind, denn der sinkende Verkauf hat ja Einfluss auf die Produktion.
Hauptgesellschafter und Geschäftsführer Ostendorf hat Fehler zugegeben. Wusste er schon vorher von den Hygienemängeln?
Das kann mir keiner erzählen, dass er nicht davon wusste. Herr Ostendorf war regelmäßig da, einmal in der Woche.
Und der andere Gesellschafter, Michael Phillips?
Den kenne ich gar nicht. Ich habe ihn jedenfalls nie bei Besprechungen gesehen.
Was halten Sie von Müller-Brots Informationspolitik?
Die war katastrophal. Erst sagen sie nichts, dann tischen sie allen die Geschichte mit dem Schwelbrand auf. Ich will nicht mehr angelogen werden – so denken übrigens auch andere Firmen, die am Anfang geholfen haben. Tenor: Denen helfen wir bestimmt nicht mehr aus. Ich glaube, die haben gedacht, dass das Ganze nach zwei Tagen wieder in Vergessenheit gerät.
Auch die Behörden stehen in der Kritik – was denken Sie?
Sie haben mit Ihrem Verhalten den Skandal sogar noch befeuert – und damit auch die Sorge um die Arbeitsplätze! Erst nix sagen, dann erst auf Druck der Presse reden. Das ist unmöglich!
Wie weit sind die Arbeiten im Werk? Wie sieht es da aus?
Da wird gerade alles zerlegt, jedes Laufrad. Die Wände wurden gemacht, der Fliesenleger war auch schon da.
Produziert Müller-Brot überhaupt noch? Hat die Firma andere Produktionsstätten?
Nein. Die in Neufahrn ist die einzige.
Wie lange wird es noch dauern, bis die Produktion dort wieder anläuft?
Schwer zu sagen. Von 0 auf 100 wird es jedenfalls nicht gehen. Vielleicht funktioniert ein Teilbereich irgendwann nächste Woche – wenn alles gut geht und die Behörden das erlauben.
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