Winter-Tollwood: Das sind die Highlights aus Handwerk und Kunst

Eine Rundgang über das Tollwood Winterfestival: Hier gibt es viele nachhaltige Geschenkideen. Sieben davon haben wir uns etwas genauer angeschaut.
Volker Isfort
Volker Isfort
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Das Winter-Tollwood ist jedes Jahr ein Blickfang.
Das Winter-Tollwood ist jedes Jahr ein Blickfang. © Anton Brandl

In den letzten zwei Tagen vor Heiligabend rennen die Besucher hektisch durch die zwei Tollwood-Marktzelte wie "frisch geköpfte Hühner", wie uns ein Standbetreiber erzählt. Aber warum alles auf dem letzten Drücker organisieren? Beim noch entspannten Rundgang gibt es viel Kunst und Handwerk zu entdecken und natürlich Betreiber, die großen Wert auf fairen Handel und Nachhaltigkeit ihrer originellen Produkte legen. 

Werner Frank - Allein unter Frauen

Eigentlich hat sich der Münchner Künstler Werner Frank gemeinsam mit seiner Frau Carmen auf Bronzegüsse von weiblichen Körpern spezialisiert. Aber für Tollwood hat er extra auch ein paar Dutzend bemalte Frauenskulpturen aus Holz gefertigt. Schließlich kann man diese als Geschenk schon für rund 150 Euro erwerben, während die Bronzen, als Einzelstücke oder in kleinen Serien gefertigt, so zwischen 2000 und 4000 Euro kosten.

Werner Frank, der auch in München ein Atelier betreibt, hat Tollwood auch mal im Sommer versucht, aber da war die Resonanz des Publikums deutlich geringer. In der Vorweihnachtszeit hingegen ist das etwas völlig anderes. Seine teuerste Bronze hat Frank gleich am ersten Tag der Markteröffnung verkauft.

Der Münchner Künstler Werner Frank umgeben von seinen Frauen.
Der Münchner Künstler Werner Frank umgeben von seinen Frauen. © Volker Isfort

Glücklicherweise holte der Käufer sie nicht sofort ab und so kann man sie noch am Stand bewundern und sich von Werner Frank erklären lassen, mit welcher Technik er so filigrane Details zustande bekommt. Dabei kann es bei ihm auch zur Sache gehen: Der erste Arbeitsschritt für die sinnlichen Holzskulpturen beginnt wenig zärtlich mit der Motorsäge.

ColorSwell: Angeschwemmte  Netze verarbeiten

Beim Surfurlaub in Portugal wurde Sebastian Ohmayer und Stephanie Drach bewusst, wie vermüllt die Strände durch Reste von Fischernetzen und Segeltau sind. Sie wollten aber nicht nur aufräumen, sondern diese Reste auch verwerten. So entstand die Idee zu ihrer Firma ColorSwell, für die sie schon 2019 bei einer Münchner Nachhaltigkeitsmesse den Startup-Preis gewannen.

Sebastian Ohmayer verarbeitet alte Fischernetze.
Sebastian Ohmayer verarbeitet alte Fischernetze. © Volker Isfort

Inzwischen verarbeiten sie die Netze und Seile nicht nur zu Armbändern oder Ohrringen, es gibt am Stand auch Lampenschirme, Wandbilder und sogar Christbaumschmuck. Der Schutz der Meere ist der zentrale Gedanke der Firma, ein Teil des Umsatzes wird wieder gespendet, beispielsweise an die Gesellschaft zur Rettung der Delphine. Für die Meeresbewohner sind die Netzreste oft eine tödliche Falle – und sie verwittern nicht. Die Netze bräuchten gut 300 Jahre bis sie verfallen, sagt Sebastian Ohmayer.

Mr Leaf: Blätter statt Leder

Sie selbst hat noch einen eigenen Stand mit Glasschmuck, aber Marlena Fritsch hilft auch beim Stand des Kerngeschäfts der Familie mit: Handtaschen und Accessoires aus Teakblättern. Mr. Leaf, der Kooperationspartner aus dem Norden Thailands, hat ein Verfahren entwickelt, Teakblättern, die auf einer Baumwollschicht mit BOPP-Folie überzogen werden, eine quasi lederartige Eigenschaft zu geben. Deswegen gibt es am Stand auch die Bezeichnung veganes Leder für die Taschen und Geldbörsen.

Marlena Frisch mit einem Krokodilkopf vor ihren Taschen aus Teakblättern.
Marlena Frisch mit einem Krokodilkopf vor ihren Taschen aus Teakblättern. © Volker Isfort

In Thailand würden auch noch Schuhe aus Teakblättern hergestellt, erklärt Fritsch, aber die seien für den hiesigen Tollwood-Winter wohl eher ungeeignet. Das umweltfreundliche Produkt erfüllt in Thailand auch noch einen anderen Zweck: Menschen, die vom Handel mit Teak-Blättern leben, schützen die Bäume und suchen nicht das schnelle Geld durch Abholzung. Mr. Leaf dreht derweil den Verzicht auf Leder weiter, schon gibt es Produkte aus der Schale vom schwarzen Knoblauch.

Am Tollwoodstand kann man auch Holzschnitzereien aus Bali erwerben, Buddhas und viele Tierarten und- warum nicht? - bronzene Abgüsse von Krokodilköpfen. Es habe wirklich noch kein Tollwood Festival geben, versichert Marlena Frisch, bei dem sie nicht mindestens einen Krokodilkopf verkauft habe.

Coconut Art: Der Walhai am Finger

"Ohne Tollwood würde es mich gar nicht geben", sagt Bernhard Lehner, den alle nur Charlie nennen, und lacht herzlich. Er bastelte sich mit 23 Jahren zum Abschied nach Monaten auf Sumatra ein Erinnerungsstück, einen Anhänger aus dem Deckel einer Wasserschnecke und einem Stück Kokosnussschale. Damit stieß er sofort noch vor Ort bei Aussteigern und Touristen auf Begeisterung und eine Idee war geboren, mit der er 1996 zum ersten Mal auf dem Tollwood aufschlug.

Charlie hat sich mit seinem Schmuck vor allem bei Tauchern einen guten Ruf erarbeitet.
Charlie hat sich mit seinem Schmuck vor allem bei Tauchern einen guten Ruf erarbeitet. © Volker Isfort

Seitdem ist sein Stand Coconut Art fester Bestandteil der Marktgemeinde. Sein Schmuck-Angebot hat Charlie seitdem extrem ausgeweitet, thematisch aber ist er mit Seepferdchen, Walhaien, Mantas, Meeresschildkröten seiner Faszination für das Tauchen treu geblieben. Der Aufenthalt auf Sumatra hat für Charlie aber nicht nur eine berufliche Wendung gebracht, hier lernte er auch seine Frau Nina kennen, mit der er inzwischen drei Kinder hat.

Seinen Entschluss, den Job als CNC-Fräser aufzugeben und sich auf seinen selbst gestalteten Schmuck zu konzentrieren, hat er nie bereut: "Ich bin nicht reich geworden", sagt Charlie. "Aber ich kann davon leben." Auch dank Tollwood.

Der Duft des Waldes

Als Kräuterpädagoge stieß der Österreicher Christopher Pichler bei der Arbeit mit Kindern auf seine Geschäftsidee: Räucherstäbchen mit heimischen Düften. Was so einfach klingt, setzte allerdings eine intensive Experimentierphase voraus, bis Pichler mit verköhlertem Zirbenholz, Fichtenharz und heimischen Kräutern von Lavendel bis Beifuß schließlich zu einem ihn zufriedenstellenden Ergebnis fand. Inzwischen arbeitet er als Industriekletterer und findet oft bei Sicherungen von Hängen für den Straßenbau die Pflanzen, die er später verköhlert.

Christopher Pichler stellt Räucherstäbchen her.
Christopher Pichler stellt Räucherstäbchen her. © Volker Isfort

Tollwood erkundete er erst im letzten Jahr, fand es cool und bewarb sich mit seiner Idee erfolgreich für einen Stand. Nun kann man bei ihm neben diversen Kräutermischungen auch für 14,90 Euro Räucherstäbchen erwerben, die in einer gerollten Zirbenholzverpackung ein schönes Geschenk abgeben.

Turnmatten zu Taschen

Was macht man mit alten Lastwagenplanen, ausgemusterten Schweizer Armeedecken oder gar aus den aus dem Schulsport gefürchteten, blauen Turnmatten? Thomas Radlmaier entwickelte schon vor einem Vierteljahrhundert die Idee, wie man all diese Materialien am besten recyclen könnte: Indem man aus ihnen sehr belastbare und haltbare Taschen näht.

Thomas Radlmaier hat für jeden Geschmack die richtige Tasche.
Thomas Radlmaier hat für jeden Geschmack die richtige Tasche. © Volker Isfort

Doch die gute Idee der Nachhaltigkeit ist bei Taschen heute kein Verkaufsargument mehr, sagt Radlmaier: "Niemand kauft ein Produkt, wenn es ihm optisch nicht gefällt." An Thomas Radlmaiers Stand "Opposite Handmade Bags" stellt sich für die Kunden eher ein gegenteiliges Problem. Es gibt so viele originelle Taschen, das Angebot ist überwältigend.

i-Tüpfele: Ein Holzlöffel oder gleich die ganze Küche?

Seine Topfuntersetzer haben es dank Stadträten schon in alle Münchner Partnerstädte geschafft, weil sie so symbolisch "aus zwei mach eins" verkörpern.

Markus Sontheimer fügt seinen Topfuntersetzer zusammen.
Markus Sontheimer fügt seinen Topfuntersetzer zusammen. © Volker Isfort

Markus Sontheimer ist Schreiner aus dem Schwarzwald und verwendet in seiner Firma i-Tüpfele nur lokale Produkte. An seinem Stand kann man Holzlöffel kaufen, oder sich auch für ganze Küchen beraten lassen. "In München stehen rund 350 Küchen, die ich gebaut habe", sagt er. Klar, in 29 Jahren Tollwood kommt viel zusammen. Der Topfuntersetzer kostet übrigens 22 Euro und wird wegen seiner Symbolkraft auch gerne von Standesbeamten an junge Brautpaare verschenkt.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.