"Wieder aus der Zeitung erfahren": Landwirte von Plänen für ein neues Olympiadorf überrumpelt
Das Olympiadorf mit seinen kleinen, bunt bemalten Bungalows ist aus München nicht mehr wegzudenken. Ursprünglich wurde es für die Spiele ‘72 gebaut. Jetzt will sich die Stadt wieder für Sommerspiele bewerben. Ob für 2036, 2040 oder 2044 ist noch nicht klar.
Eines aber schon: München bräuchte dann ein neues Olympisches Dorf.
Neues Olympiadorf im Münchner Nordosten auf heftig umstrittenem Gebiet
Die Stadt schlägt dafür eine 27 Hektar große Fläche im Münchner Nordosten vor. Und zwar genau auf dem Gebiet, um das es schon seit Jahren Streit gibt.
Zum Hintergrund: Die Stadt will schon lange im Nordosten zwischen Daglfing, Englschalking und Johanneskirchen ein neues Stadtviertel bauen: für bis zur 30.000 Menschen, mit 11.500 Wohnungen. Insgesamt ist die Fläche 600 Hektar groß, also nur etwas kleiner als ganz Berg am Laim. Allerdings soll nicht alles zugepflastert werden. Das Problem ist nur: Der Grund gehört der Stadt nicht komplett, sondern auch verschiedenen Landwirten.
Um trotzdem eine Planung aus einem Guss zu ermöglichen, bereitet die Stadt eine "Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme" (SEM) vor. Das ist ein Instrument aus dem Baugesetzbuch, das die Grundstückspreise einfrieren soll, um Spekulation zu verhindern. Und das auch Enteignungen ermöglicht.
Landwirt im Nordosten: "Jetzt erfahren wir es wieder aus der Zeitung"
Aus dem Fernsehen hat Landwirt Hans Oberfranz vor ein paar Jahren erfahren, dass die Stadt ein neues Viertel mit neuer U-Bahn-Station genau dort plant, wo seine Felder liegen. Für ihn war das ein Schock – ebenso für andere Landwirte, die sich dann zur Initiative "Heimatboden" zusammenschlossen – und sich seitdem gegen die SEM wehren.

Später habe sich das Rathaus entschuldigt, versprochen, dass es von nun an immer zuerst mit den Grundstückseigentümern sprechen würde. "Und jetzt erfahren wir wieder aus der Zeitung, dass auf dem Gebiet jetzt ein Olympisches Dorf geplant ist", sagt Oberfranz am Telefon zur AZ. "Stellen Sie sich mal vor, in der Zeitung steht, dass in Ihrem Garten das Olympische Dorf stehen soll."
Er hätte sich gewünscht, dass sich die Stadt mit den Plänen zuerst bei den Grundstückseigentümern meldet – und dann bei der Presse.

Das Olympische Dorf soll nur auf ein Teilstück des SEM-Gebiets. Dieses gehört laut Planungsreferat der Stadt zu über 80 Prozent. Heißt aber auch: 20 Prozent gehören ihr nicht.
"Dann bleibt kein Stein auf dem anderen": SEM-Gegner im Nordosten kritisieren Olympiapläne
Ob sein Grundstück dort liegt, wo das Olympische Dorf stehen soll, kann Oberfranz nicht sagen. Denn noch hat die Stadt in einem Plan, der in der Beschlussvorlage abgebildet ist, eher schemenhaft Bereiche eingekreist.
Sein Anwalt Benno Ziegler ist sich aber sicher: "Wenn das Olympische Dorf gebaut wird, bleibt in Daglfing kein Stein auf dem anderen. Es wird immer private Eigentümer geben, die betroffen sind."

Für Oberfranz ist jedenfalls klar: "So lange die Stadt die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme mit der Möglichkeit für Enteignungen nicht für beendet erklärt, sind Gespräche über ein Olympisches Dorf nicht denkbar." Er fragt sich auch, ob eine SEM überhaupt für ein Olympisches Dorf rechtlich zulässig ist.
"Das kann alles kaputt machen": Idee eines Olympischen Dorfs im Nordosten könnte scheitern
Tatsächlich hat die Stadt erst vor Kurzem im Münchner Norden, wo ebenfalls eine SEM geplant ist, eine Schlappe vor Gericht erfahren. Für den Norden (aber auch für den Nordosten) hatte die Stadt eine Vorkaufsrechtssatzung erlassen. Damit kann die Stadt, wenn Eigentümer Grundstücke verkaufen wollen, in den Vertrag eintreten und sich Grundstücke sichern. Auch Spekulation soll so vermieden werden. Ein Verkäufer klagte jedoch und bekam recht.
Welche Folgen das hat, ob und wie sie eine neue Vorkaufsrechtssatzung erlassen kann, prüft die Stadt gerade. Für Anwalt Benno Ziegler ist jedoch klar: "Das Instrument der SEM wird scheitern – das gilt für den Norden wie für den Nordosten." Hält die Stadt weiter an der SEM fest, bekomme das eigentlich positive Projekt Olympia einen Makel, glaubt der Anwalt.
Und damit bahnt sich genau das an, was Florian Ring (CSU), der Bezirksausschusschef von Bogenhausen, befürchtet: Die Idee von einem Olympischen Dorf im Nordosten, die "im Prinzip gar nicht so schlecht" sei, könnte scheitern, weil sich die Menschen vor Ort nicht informiert und eingebunden fühlen. "Das kann", glaubt Ring, "alles kaputt machen."
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