Wie Miss Marple: 84-Jährige legt Ganoven-Trio aufs Kreuz

Sophia H. aus Haidhausen überlistet drei vorbestrafte Trickbetrüger und liefert sie in einer filmreifen Aktion der Polizei aus. Ein bisschen leid taten sie ihr dabei schon
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MÜNCHEN - Sophia H. aus Haidhausen überlistet drei vorbestrafte Trickbetrüger und liefert sie in einer filmreifen Aktion der Polizei aus. Ein bisschen leid taten sie ihr dabei schon

Es ist ein Tag, den Sophia H. so schnell nicht vergessen wird. In Miss-Marple-Manier nimmt die Rentnerin aus Haidhausen ein Gangster-Trio auf’s Korn und legt ihnen das Handwerk.

Als es am vergangenen Mittwoch gegen 16 Uhr bei der 84-Jährigen klingelt, öffnet sie die Tür. Ein Mann hält ein Paket in den Händen. Es sei für eine Nachbarin. Könnte sie es vielleicht entgegen nehmen? Und ihm ein Glas Wasser geben? Er habe so furchtbaren Durst. Sophia H. lässt den Unbekannten herein, führt ihn in die Küche. „Der war ja so nett“, sagt sie. „Ich habe mir nichts dabei gedacht.“ Bis sie plötzlich einen Schatten im Flur vorbeihuschen sieht.

Jetzt wird sie stutzig. Sie erinnert sich: Die Wohnungstür ist noch geöffnet! Schließlich wollte der Mann mit dem Paket ja gleich wieder gehen. Die Rentnerin schnappt sich ihren Gehwagen, läuft in den Flur und ruft: „Wer ist da?“ Ein Mann kommt aus ihrem Schlafzimmer. Zu Fuß ist die Seniorin nicht mehr die Schnellste – aber geistig. Ihr ist klar: Hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu. „Der war mir auch sofort unsympathisch“, so die 84-Jährige. „Der wollte gleich Geld.“ Angeblich habe der Mann 650000 Euro von seinem Vater aus Serbien geerbt. 5000 bräuchte er für die fällige Bearbeitungsgebühr. Zum Dank für das geliehene Geld wollte er sie auch zum Abendessen einladen. Die Rentnerin durchschaut den Schwindel – und spielt mit. „Ich habe mein Portemonnaie geholt“, so die 84-Jährige, „aber mehr als 50 Euro waren nicht drin.“ Die zwei Männer lassen aber nicht locker. Sophia H. erklärt, dass sie 3000 auf der Bank habe und das Geld holen könne. „Die haben mir alles geglaubt“, erzählt sie. „Die waren ja eigentlich auch ganz nett, nur halt ein bisschen primitiv.“ Hatte sie denn keine Angst? „Ach was, die wollten ja nur mein Geld.“

Vor dem Haus wartet ein Auto auf die Rentnerin, das sie zu ihrer Bank bringen soll. Ihr ist klar: Der Mann am Steuer gehört zum Ganoven-Trio. „Ich musste fast lachen“, sagt Sophia H. „Wenn mich meine Verwandten hätten sehen können!“ Wie ernst die Lage ist, ahnt sie nicht: Die 21, 23 und 43 Jahre alten Männer sind vorbestraft – von gefährlicher Körperverletzung über Raub bis Betrug.

Das Auto hält, die Seniorin geht allein in die Bank. „Ich habe hier drei Ganoven – was mache ich denn jetzt?“, fragt sie am Schalter. Als die Bankangestellten nicht lange fackeln und die Polizei verständigen, plagt sie das schlechte Gewissen. „Ich fühlte mich ganz schön gemein“, so die 84-Jährige. „Schließlich haben die mir vertraut.“

Noch ist der Spuk nicht vorbei. Mit den Männern war ausgemacht, dass sie später wieder bei ihr klingeln würden. Lockvogel Sophia H. fährt mit der Polizei – getarnt als Taxi – zurück in ihre Wohnung und legt sich auf die Lauer. Eine Polizistin versteckt sich im Schlafzimmer. Es läutet. Showdown! Doch der Mann will nicht hinein, steckt nur seine Hand durch den Türspalt und verlangt das Geld. „Dann schnappen sie die Ganoven ja aber nicht“, schießt es der Rentnerin durch den Kopf. Sie erklärt, das Geld sei im Schlafzimmer. Der Mann kommt herein – die Falle schnappt zu. Die Beamtin nimmt den jungen Mann fest, seinen Komplizen werden vor der Haustür die Handschellen angelegt. „Ich wünsche Ihnen alles Gute“, verabschiedet sich der Verbrecher. „Ich Ihnen auch“, sagt Miss Marple. S. Petersen

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