"Wie auf einer einsamen Insel"
In dieser Serie erzählen Münchner von ihren erotischen Abenteuern im Freien. Heute ist es Laura (26), die an der Isar ein Liebesnest für sich entdeckt hat
Laura mag Grillfeste, eigentlich. Wenn sie laut sind und ausgelassen und lustig. Allerdings, als ihre Freundin an der Isar zum Geburtstag Würschtl und Steaks auflegte, kam sie einfach nicht in Partystimmung. Die Schwabinger Chemie-Studentin (26) war frisch verliebt und wollte nichts als kuscheln und reden. Und mit ihrem neuen Freund allein sein.
Ein kurzer, tiefer Zwinkerblick zwischen den beiden, dann steckten sie unauffällig ihre Prosecco-Flasche wieder ein (ihr Mitbringsel fürs Fest), nahmen sich an der Hand. Und spazierten durch die Nacht – für ein kleines, intimes Liebesabenteuer im Freien.
Laura erzählt uns das, während sie mit ihrem Schatz durch die City bummelt. Sie lacht, sie versteckt ihr rundes, rosiges Gesicht in ihren Handflächen. Gräbt die Finger in ihre Bob-Frisur. Peinlich? Nein, die Geschichte ist ihr nicht wirklich peinlich. Sie hat sie bloß bisher noch niemandem erzählt.
Am Eisbach, ein Stück unterhalb des Wasserfalls, an dem die Surfer über die Wellen gleiten und wo der Bach sich teilt, entsteht eine kleine Insel, umsäumt von Buschwerk. Dort liegt ein großer, heller Stein. Auf dem haben die beiden sich geliebt in dieser Sommernacht. Jetzt lächelt Laura. Rosig ist ihr Gesicht immer noch.
AZ: Laura, ist Sex besser als Party?
LAURA: In dem Fall: Oh, ja! Die Luft zwischen uns hat so viel mehr geknistert als das Lagerfeuer. Wir kannten beide kaum jemanden auf dem Fest – und warum soll man sich da anstrengen, jemanden kennenzulernen, wenn man den aufregendsten Menschen schon dabei hat?
War Ihnen schon klar, was passieren würde, als Sie den Grillplatz verlassen haben?
Nein, ich glaube nicht. Wir wollten einfach nur irgendwo hin, wo wir ein bisschen knutschen können ohne Publikum.
Bei Tag ist der Eisbach an der Stelle recht belebt, oder?
Ziemlich, würde ich sagen. Aber es war ja nicht mehr hell. Wir sind erst ziellos in den Englischen Garten hineingelaufen, kamen dann an diese kleine Brücke und sind runtergeklettert auf diesen inselartigen Platz zwischen den Bachläufen. Mein Freund sagte: „Cool, lass uns da mal hinsetzen.”
Aha.
Ja. Und dann tranken wir Sekt aus der Flasche, haben dem Bach beim Rauschen zuhört, ein bisschen geschmust und gequatscht und dann ist mir auf einmal sehr, sehr warm geworden (lacht).
Keine Zuschauer? Keine Besucher?
Keine. Nur der Mond. Der hat zugeschaut. Und der Bach. Und die Büsche um uns herum.
Was für ein Gefühl war das?
Das war keine Standard-Romantik, das war besonders. Besonders schön. Aufregend und mit ganz viel Gänsehaut. Ich hatte überhaupt keine Angst, dass wir gestört werden könnten. Wir waren da wie auf einer einsamen Insel. Oder auf einem anderen Planeten. Einfach nur ganz bei uns mitten in der Natur.
Sind Sie nochmal dort gewesen? Tagsüber?
Ja, war ich. Ein paar Tage später. Ich bin mittags hinspaziert, um zu sehen, wie die Stelle bei Licht ausschaut. Oh Gott, das war ein bisschen, als hätte ich mich selber ertappt. ,Hier war das!’, dachte ich und bin, glaube ich, dabei ziemlich blass geworden.
Wieso blass?
Weil ich entdeckt habe, dass der Stein, auf dem wir uns geliebt haben, ein Gedenkstein für jemanden war. Ich hoffe, der Jemand hat sich nicht gestört gefühlt. Vielleicht hat er ja ein bisschen Zärtlichkeit abbekommen.
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