Wenn's am U-Bahnhof so richtig knallt: Münchner Polizisten trainieren Einsatz bei Terror- und Amoklagen
Schüsse peitschen durch die Luft, Menschen schreien panisch durcheinander und versuchen, sich am Bahnsteig in Sicherheit zu bringen. Jemand schreit militärisch knapp Kommandos. Der Teufel ist los, man fühlt sich wie im Krieg. Zum Glück hat der Lokführer der U6 kurz vor der Einfahrt am Nachbargleis in den Bahnhof Fröttmaning per Lautsprecher an die Passagiere durchgegeben: "Keine Sorge, das ist eine Übung der Polizei.“
Schwer bewaffnete Polizisten mit schusssicheren Westen, Helmen und Maschinenpistolen im Anschlag stürmen den Bahnsteig. Wie im Ernstfall auch ist die Lage völlig unübersichtlich. Über Funk haben die Beamten nur erfahren: Bewaffnete Männer haben Fahrgäste in einer U-Bahn in ihrer Gewalt.

Ein Mann in Tarnkleidung springt aus einer offenen Tür. In der einen Hand hat er eine Pistole, mit der anderen hält er eine Frau als Geisel fest. Der Täter eröffnet sofort das Feuer auf die Beamten. Die schießen zurück, der Mann geht getroffen zu Boden. "Er hat noch die Waffe in der Hand“, schreit ein Polizist. Zudem hat der Angreifer einen Sprengsatz dabei. Die Polizisten ziehen sich vorsichtshalber zurück. Zeitgleich schaffen sie einige verletzte Fahrgäste aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich.
Der Durchgang dauert nur wenige Minuten: Dann kommt das Kommando "Übung beendet“. Sofort entspannen sich die Gesichter der Polizisten. "Dass alles eine Übung ist und nur mit Platzpatronen geschossen wird, vergisst man noch in der ersten Minute“, sagt ein Übungsleiter.

Thomas Köpp, Ausbilder für Polizeiliches-Einsatz-Training (PET), schnappt sich die Kollegen zu einer kurzen Manöverkritik. Ruhig erklärt er den Beamten, was sie gut gemacht haben, was besser laufen könnte, worauf sie künftig achten müssen. "Behaltet das Umfeld im Auge“, mahnt er, "man kann nie wissen, ob noch ein Angreifer irgendwo plötzlich auftaucht.“

Oben auf der Galerie wartet die nächste Gruppe auf ihren Einsatz. Verschiedene Szenarien werden geübt: Randalierer im Bus, Messerangriff im Zug oder eben auch eine Schießerei am Bahnsteig. Vier Tage haben insgesamt 500 Münchner Polizisten das Verhalten in Extremsituationen geübt, am Freitag endet das Training. Thomas Köpp: "Die Lage beenden, ans Ziel kommen, das ist das Wichtigste, und das schaffen wir.“

Und während die Polizisten weiter den Einsatz unter Extrembedingungen üben, geht im Bahnhof Fröttmaning der normale U-Bahn-Betrieb weiter. Eine Gruppe Schulkinder auf Klassenausflug steigt am Nachbarbahnsteig aus, oben auf der Galerie kämpfen die Fahrgäste mit den Tücken des MVV-Tarif-Dschungels. Während unten weiterhin mit Platzpatronen geschossen wird. Am Freitagnachmittag endet die viertägige Großübung.
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