Wenn der Nachbar durchdreht

Was Erster Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich rät, wenn ein Mitbewohner im selben im Haus seine Nachbarn belästigt oder sogar bedroht.
von  Nina Job
In diesem Haus in Laim randalierte ein Mieter im Juni mit der Axt. 70 Polizisten rückten an, überwältigten den Mann und nahmen ihn fest. Nun ist der Mann zurück - die Nachbarn sind verunsichert.
In diesem Haus in Laim randalierte ein Mieter im Juni mit der Axt. 70 Polizisten rückten an, überwältigten den Mann und nahmen ihn fest. Nun ist der Mann zurück - die Nachbarn sind verunsichert.

Was Kommissariatsleiter Arno Helfrich rät, wenn ein Mitbewohner seine Nachbarn belästigt oder sogar bedroht.

Erster Kriminalhauptkommissar Arno Helfrich (51) ist Chef des Opferschutzkommissariats der Münchner Polizei.


AZ: Herr Helfrich, vor sechs Wochen randalierte ein Mann in einem Mietshaus in Laim, jetzt ist er wieder zurück. Die Nachbarn haben Angst vor ihm. Sie verstehen nicht, dass der Mann einfach wieder einziehen kann.


ARNO HELFRICH: Man kann jemanden nicht einfach unbefristet festhalten. Das wäre Freiheitsberaubung – ein massiver Eingriff in die Grundrechte. Wenn der Mann keine Gefahr mehr für sich oder andere darstellt, kann man ihn nicht mehr in der Psychiatrie behalten. Unabhängig davon, werden mögliche Straftaten ja verfolgt. Und bestätigen sich die Vorwürfe, wird er dafür bestraft.


Unter welchen Umständen kann jemand gegen seinen Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden?

Die Polizei kann eine sofortige Unterbringung anordnen, um Schaden abzuwenden, wenn der Mensch andere gefährdet oder aber sich selbst. Darüber muss das Gericht verständigt werden. Der Richter entscheidet dann, was weiter passiert.


Was raten Sie den Nachbarn dieses Mannes? Wie sollen sie sich verhalten?


Es ist auf jeden Fall besser, nicht die offene Konfrontation zu suchen und sich lieber zurückzunehmen. Wenn jemand Argumenten nicht zugänglich ist, ist es besser, ihm aus dem Weg zu gehen. Dann sollte man der Schlauere sein und lieber die Tür zumachen, um die Situation zu entschärfen. Gleichzeitig sollten die Nachbarn aktiv bleiben. Das heißt: Falls der Mann wieder randaliert, zu laut Musik hört oder andere beleidigt: Rufen Sie die Polizei! Wenn sich die Vorfälle häufen, wird die Polizei das Gesundheitsamt darüber verständigen. Dann wird beraten, ob eine Behandlung oder Unterbringung anzuordnen ist. Das Gesundheitsamt kann zum Beispiel eine Vorladung zu einem Arzt veranlassen, der die Person dann begutachtet. Wenn die Person keine Straftaten begeht, man aber meint, dass sie ärztliche Hilfe braucht, kann man sich auch an eines der Sozialbürgerhäuser wenden.


]Wie ist erkennbar, ob jemand nur verschroben und harmlos oder aber gefährlich ist?

Man sollte jede Situation ernst nehmen. Ob jemand verwirrt ist, stellt sich relativ schnell heraus, wenn man sich mit ihm unterhält. Manchmal reicht es, wenn man sich einfach die Geschichte anhört, dann ist er zufrieden. Es gab mal eine Frau, die brachte regelmäßig ein Glas mit Kellerasseln zur Polizei und sagte, das seien die Wanzen, mit denen sie abgehört wurde. Wir sollten die Wanzen "entstrahlen", was wir dann auch getan haben – mit einer Taschenlampe. Dann gab sie wieder Ruhe.


Und wann ist Vorsicht geboten?


Wenn jemand mit Waffen droht, egal, ob’s stimmt oder nicht, sollte man immer die Polizei rufen. Grundsätzlich sollte man lieber einmal zu viel als zu wenig die Polizei rufen. Das birgt zwar die Gefahr, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen. Aber heutzutage ist alles möglich. Nichts ist unvorstellbar. Auch Dinge, die man sich gar nicht vorstellen will.

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