Weil er nicht betrunken war: Räuber freigesprochen

Autohändler Janis Z. verzichtet auf seine tägliche Wodka-Dosis, weil er nicht betrunken am Steuer erwischt werden will. Unter Entzug stehend überfällt er einen Rentner. Das Urteil.
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Angeklagt: Autohändler Janis Z. (41) vor Gericht.
Torsten Huber 3 Angeklagt: Autohändler Janis Z. (41) vor Gericht.
Das ist die Aubinger Doppelhaushälfte des Rentners Albert M. Hier wurde er am 14. Juni 2011 überfallen – und flüchtet vom Fenster aus auf die Terasse.
Sigi Müller 3 Das ist die Aubinger Doppelhaushälfte des Rentners Albert M. Hier wurde er am 14. Juni 2011 überfallen – und flüchtet vom Fenster aus auf die Terasse.
Leidet unter den Folgen des Überfalls: Rentner Albert M. (82).
Torsten Huber 3 Leidet unter den Folgen des Überfalls: Rentner Albert M. (82).

Autohändler Janis Z. verzichtet auf seine tägliche Wodka-Dosis, weil er nicht betrunken am Steuer erwischt werden will. Unter Entzug stehend überfällt er einen Rentner. Jetzt fällt das Urteil

München - Die Beweislage war eigentlich eindeutig: Autohändler Janis Z. (41) wurde von der Polizei noch am Tatort festgenommen. Er hatte bei der Suche nach Beute im Haus des Rentners Albert M. (82) eine Spur der Verwüstung hinterlassen. In der Anklage steht: versuchter schwerer Raub, Freiheitsberaubung, vorsätzliche Körperverletzung (AZ berichtete). Jetzt wurde das Urteil gefällt. Und das erstaunt: Freispruch! Weil er nicht betrunken war.

Der Vorsitzende Richter Thomas Denz erläutert in seiner Urteilsbegründung: „Hätte der Angeklagte seine übliche Tagesdosis von einem Liter Wodka getrunken, wäre die Tat nicht passiert.“ Juristisch heißt das: Janis Z. (Anwalt Christian Gerber) war zur Tatzeit „schuldunfähig“. Der Autohändler aus Riga (Lettland) war vor der Tat im Juni 2011 nach München gereist. Er hatte sich selber auf Entzug gesetzt, weil er die Sanktionen bei Alkohol am Steuer in Deutschland fürchtete.

Dies habe bei Janis Z. ein „Delirium“ ausgelöst, so Richter Denz. Diese Bewusstseinsstörung deckt sich mit der Aussage des Angeklagten, der gleich zu Prozessbeginn klarstellte: „Ich kann mich an nichts erinnern.“ Zeugen, die ihn betrunken als „lieben und netten Kerl“ beschrieben und das lupenreine Führungszeugnis überzeugte schließlich die 9. Strafkammer des Münchner Landgericht von der ungewöhnlichen Unschuld des Angeklagten. Statt in die Gefängniszelle darf der Autohändler jetzt für sechs Monate zur Entziehungskur in das Bezirkskrankenhaus Haar.

Danach muss er einen Therapieplan erarbeitet haben und kann wieder zu seiner Familie nach Riga. So, als wäre nichts gewesen. Dabei war was. Der Raubüberfall hatte für Aufsehen gesorgt: Am 14. Juni 2011, gegen 7.30 Uhr, schreckte Rentner Albert M. aus Aubing durch einen lauten Knall aus dem Schlaf. „Ich dachte, die Handwerker, die in der Zeit bei mir renoviert haben, sind schon da“, sagte der 82-Jährige. Den Lärm hatte Janis Z. verursacht. Mit einem Hammer lief er durch die Glasscheibe der Terrassentür. Blutverschmiert rannte der 1,60 große Janis Z. danach durch das Haus.

Der 1,90 große Albert M. erinnerte sich: „Der hatte den Wahnsinn in den Augen.“ Janis Z. drängte den Rentner zurück ins Schlafzimmer und sperrte ihn ein. Dann zerstörte Janis Z. Einrichtungegenstände und warf den Computer aus dem Fenster. Aus Angst entschloss sich Albert M. zur Flucht: „Ich wusste ja nicht, was der vorhatte.“ Mit einer Bettdecke versuchte er, sich aus dem Schlafzimmerfenster im zweiten Stock abzuseilen, stürzte vier Meter in die Tiefe und brach sich drei Wirbel. Als Albert M. am Boden lag, rief er laut um Hilfe.

Die Nachbarn alarmierten sofort die Polizei. Janis Z. kam in U-Haft. Der Rentner ins Krankenhaus. Der alte Mann leidet bis heute: „Eine Eisenplatte stützt jetzt meine Wirbelsäule. Im März wird sie wieder entfernt. Ich kann mich kaum bücken und keine 100 Meter am Stück gehen.“

 

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