„Was sie kriegen, ist mir wurscht“

Opfer Bruno N. ist froh, dass der Prozess zu Ende ist. Jetzt hofft das Opfer der beiden U-Bahnschläger, dass jetzt Ruhe einkehrt.
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Opfer Bruno N. auf dem Weg zu seiner Zeugenaussage
ap Opfer Bruno N. auf dem Weg zu seiner Zeugenaussage

MÜNCHEN - Opfer Bruno N. ist froh, dass der Prozess zu Ende ist. Jetzt hofft das Opfer der beiden U-Bahnschläger, dass jetzt Ruhe einkehrt.

Am Tag der Urteilsverkündung blieb Bruno N. dem Gerichtssaal fern. Nicht noch einmal wollte der pensionierte Schuldirektor seinen Peinigern, die ihm zwei Zähne abgebrochen haben und drei Schädelbrüche, eine Nasenfraktur und Blutergüsse zugefügt hatten, in die Augen schauen. Rachegefühle kennt der aktive Pensionär ohnehin nicht: „Ob die fünf oder acht Jahre bekommen, ist mir völlig wurscht“, sagte er vor kurzem in einem Interview.

„Gewaltopfer haben in vielen Fällen nicht den Wunsch, dass die Täter drastisch bestraft werden. Rache und Empörung sind nicht ihre dominierenden Gefühle“, hatte Reinhard Böttcher, Bundesvorsitzender des „Weißen Rings“ erst am Montag bei einer Podiumsveranstaltung in München erklärt. „Sie wünschen sich, dass das Unrecht, das sie erlitten haben, festgestellt wird und das muss sich auch in den Sanktionen ausdrücken“, so der Chef der größten Opferschutz-Organisation.

Die Tritte schmerzen noch immer

Die Tritte und Schläge, die Serkan A. und Spyridon L. dem 76-jährigen Münchner zugefügt haben, wird er trotzdem noch lange spüren: „Früher war ich berüchtigt dafür, dass ich immer der Letzte war, wenn ich abends Freunde traf“, sagte er. Jetzt kostet ihn alles unendlich viel Kraft – jeder Einkauf, der Gang zur Uni, wo er sich über interessante Vorlesungen im Semester informiert. Jeder neue Tag beginnt mit enormer Anstrengung. „Nach dem Aufstehen muss ich erst meine Bücher im Regal fixieren, sonst dreht sich alles.“

Bruno N. hofft jetzt, dass nach dem Urteil wieder Ruhe einkehrt. Er will mit dem Geschehenen abschließen, vergessen und wieder leben wie vorher, als er noch ein reiselustiger, kontaktfreudiger Pensionär war, der regelmäßig in seine Lieblingsgaststätte in der Nähe des Marienplatzes ging.

Ein Gefühl der Ohnmacht

Doch vielen Gewaltopfern fällt der Weg zurück in die Normalität extrem schwer. Reinhard Böttcher: „Diese Menschen haben ein Gefühl des Ausgeliefertseins und der Ohnmacht erfahren – ein schwerwiegender Eingriff ins Leben, der oft vielfältige und langwierige Folgen hat.“ Dass Schläger wie Serkan und Spyridon häufig mit niedrigen Strafen davon kämen, bezeichnete der Experte als eine „nochmalige Kränkung des Opfers und eine Vertiefung ihres Leids“ in einem Moment, in dem auch die Opfer „resozialisiert“ werden müssten.

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