Was kann ich essen? EHEC-Angst in München

 Wo beginnt das Risiko? In München sind viele Verbraucher verunsichert. Gemüsehändler verkaufen weniger, in Kantinen und Kindergärten wird Rohkost gestrichen.  
Thomas Gautier, Julia Lenders, Kimberly Hoppe |
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Tomaten, Gurken, Salat gehen grad schlecht. Die Kunden der Standlfrau Elfriede Stockinger (70) auf dem Viktualienmarkt sind wegen der EHEC-Erkrankungen gerade „sehr vorsichtig“.
Daniel von Loeper Tomaten, Gurken, Salat gehen grad schlecht. Die Kunden der Standlfrau Elfriede Stockinger (70) auf dem Viktualienmarkt sind wegen der EHEC-Erkrankungen gerade „sehr vorsichtig“.

Was kann man noch essen, wo beginnt das Risiko? In München sind viele Verbraucher verunsichert. Gemüsehändler verkaufen weniger, in Kantinen und Kindergärten wird Rohkost gestrichen.

München - Die Ladys sind höchst beunruhigt. „Um Himmels Willen, ist das eine Gurkenscheibe?“, ruft eine Dame beinahe hysterisch beim „Ladies Lunch“ in der Käfer- Schänke. „Nein, das ist Lauch“, beruhigt sie ihre Sitznachbarin. Und die Gastgeberin erklärt, dass sie das Menü sowieso in letzter Sekunde geändert hat. Bloß keine Gurken, Tomaten und Salatblätter mehr!

Nicht nur bei Schickimicki- Terminen herrscht die blanke Hysterie. Auch ganz normale Münchner leben in Angst vor dem EHEC-Bakterium. Besonders hart trifft es die ohnehin gesundheitsbewusstenVegetarier. Ausgerechnet im angeblich so gesunden Gemüse wurde das Bakterium nachgewiesen. Und deshalb kommen Gurken, Tomaten und Salat im Moment für viele Verbraucher nicht mehr in Frage. „Ja, die Leute sind schlecht informiert“, sagt Daniel Huber, Verkäufer beim Bio-Markt Trübenecker auf dem Viktualienmarkt: „Sie sind misstrauisch und fragen, ob man Gemüse überhaupt noch essen darf.“

Aus welcher Gegend die Pflanzen geliefert werden – Spanien, Norddeutschland oder die Gärtnerei in die Nachbarschaft – spielt in diesem Klima der Angst keine Rolle. Im Sandwich steckt eine Tomatenscheibe? Weg damit! Aus dem Kartoffelsalat werden die Gurkenstückchen penibel aussortiert. Und im Bioladen bestellt niemand mehr die einst so beliebte Tomatensuppe.

Katrin Zettler, Sprecherin des Referats für Gesundheit und Umwelt, hat festgestellt: „Sehr viele Leute rufen bei uns zu diesem Thema an.“ Man verweise die Anrufer an die Hotline des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (089/31 56 01 01, von 11 bis 15 Uhr).

Was darf man noch essen, wie groß ist das Risiko? Viele Verbraucher sind verunsichert. Einigermaßen klar ist nur, dass der Erreger von Salatgurken stammt. Die werden nun Stück für Stück aus München verbannt – gemeinsam mit Salat oder Tomaten. Am Donnerstag schickte das Schulreferat eine Email an alle städtischen Kitas mit aktuellen Infos, was derzeit zu beachten ist. Zitat: „Vor Rohkostwird gewarnt. Derzeit gilt das hauptsächlich für Blattsalate, Tomaten und Gurken. Reichen Sie Gemüse als Rohkost nur, wenn Sie wissen, woher es stammt; andernfalls bitte kochen. Für Rohkost: Bitte gründlich waschen.“

 


Der Weßlinger Lebensmittel- Lieferant „Il Cielo“, der mehrere Münchner Schule, Horte und Kitas mit Bio-Essen versorgt, meldet: „Wir verwenden bis auf weiteres keine Salatgurken und lagern sie auch nicht.“ Die Firma beliefert unter anderem die Europäische Schule, das Kurt-Huber- Gymnasium in Gräfelfing und die Realschule Unterpfaffenhofen- Germering.

 

Noch weiter geht man bei der privaten Kindertagesstätte „Infanterix“ in Neuhausen. Dort wird das Obst laut Leiterin Annett Heß schon vor dem Schälen unter fließendem Wasser abgebürstet - „mit etwas Spüli“. Auch Münchner Kantinen reagieren auf die Befürchtungen – etwa die von Siemens. Sprecher Karlheinz Groebmair sagt: „Wir haben schon am Donnerstag alle Blattsalate, Gurken und Tomaten aus dem Sortiment genommen. Statt dessen gibt’s Broccoli oder Blumenkohl.“

Die BMW-Kantine hat laut Pressesprecher Jochen Frey „als Vorsichtsmaßnahme bereits am Donnerstag Blattsalate, Tomaten und Gurken in allen unseren Kantinen in Deutschland bis auf weiteres aus dem Speiseangebot gestrichen.“ Und MAN lässt laut Pressesprecher Stefan Straub Proben von kritischen Lebensmitteln in einem Labor untersuchen.

Angst herrscht auch beim täglichen Einkauf. Beim Bio- Supermarkt „Denn’s“ haben sie Informationstafeln über EHEC aufgestellt. Gemüsehändlerin Christine Lang vom Viktualienmarkt berichtet, dass ihr Geschäft seit einigen Tagen schlechter läuft. „Ich hoffe, das pendelt sich bald wieder ein.“ Und ihre Kollegin Christine Freisinger beschwichtigt: „Es gibt doch immer wieder solche Skandale. Heute ist es EHEC, morgen etwas anderes.“

 

 

 

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