Warum kein Haftbefehl gegen U-Bahn-Schläger?

Als ein Ausländer von einer 35-Jährigen in der U6 beschimpft wurde, stellte sich Emil T. (Name geändert) vor den Mann. Die Frau und ihr Freund fielen über den Rentner her. Weil sie einen festen Wohnsitz haben, wurde kein Haftbefehl erlassen. Ein Anwalt erklärt, warum.
von  Abendzeitung
Ein Zug der Linie U6 musste von der Stromzufuhr gekappt werden
Ein Zug der Linie U6 musste von der Stromzufuhr gekappt werden © Daniel von Loeper

MÜNCHEN - Als ein Ausländer von einer 35-Jährigen in der U6 beschimpft wurde, stellte sich Emil T. (Name geändert) vor den Mann. Die Frau und ihr Freund fielen über den Rentner her. Weil sie einen festen Wohnsitz haben, wurde kein Haftbefehl erlassen. Ein Anwalt erklärt, warum.

Mutig stellte sich Emil T. (Name geändert) vor einen Ausländer, der von einer 35-Jährigen in einer U 6 wüst beschimpft wurde. Marion W. und ihr Freund Anton K. fielen daraufhin über den Rentner her. Sie schlugen den 72-Jährigen aus Großhadern zusammen und hetzten ihn anschließend durch den U-Bahnhof Implerstraße bis in ein Geschäft, wo sie weiter auf ihn einprügelten.

Das Schläger-Pärchen ist wegen Drogenmissbrauch bereits polizeibekannt. Weil beide einen festen Wohnsitz haben, erließ der Ermittlungsrichter keinen Haftbefehl. Das stößt bei vielen auf Unverständnis. Strafverteidiger Thomas Pfister erklärt die Rechtslage: "Der Richter hat in diesem Fall wohl keine Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr gesehen. Haftbefehl ergeht nur, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sich der Beschuldigte dem Strafverfahren entzieht."

Beurteilung hängt von sozialen Umständen ab

Die Beurteilung des Richters hängt auch von den sozialen Umständen ab. "Die meisten Beschuldigten kommen zum Prozess", weiß Pfister aus Erfahrung. Gegen das Pärchen wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Es drohen sechs bis zehn Jahre Haft.

Der brutale Überfall auf Emil T. ereignete sich bereits am 16. März. Der Rentner war nachmittags gegen 15 Uhr von Großhadern aus mit der U-Bahn in Richtung Innenstadt unterwegs. Dabei beobachtete er, wie eine Frau einen Ausländer anpöbelte. Marion W. beschimpfte den Mann als „Scheißausländer“ und „Kanake“. Emil T. platzte schließlich der Kragen. Energisch ging er dazwischen: „Lassen sie den Mann in Ruhe“, fuhr er Marion W. an.

Von dem Streit wurde der Freund der 35-Jährigen wach, der auf dem Platz nebenan gerade seinen Rausch ausschlief. Anton K. schubste den 72-Jährigen. Der 46-jährige, ein gelernter Bierbrauer und inzwischen in Frührente, schlug mit Fäusten auf Emil T. ein. Auch seine Freundin prügelte munter mit. Erst als einige andere Fahrgäste dazwischen gingen, ließen sie von ihrem Opfer vorübergehend ab.

Hetzjagt durch den U-Bahnhof

Emil T. stieg aus Angst vor den beiden Schlägern an der nächsten Haltestelle aus. Doch das Paar folgte ihm, hetzte den 72-Jährigen durch den gesamten U-Bahnhof Implerstraße. Der Rentner flüchtete sich schließlich in ein Geschäft. Doch Marion W. und Anton K. ließen auch dann noch nicht locker. Vor den Augen einer Verkäuferin begannen sie erneut auf den Rentner einzuschlagen und ihn mit Füßen zu treten. Die Verkäuferin verständigte schließlich die Polizei.

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