Warum ein Verbot aller Palästina-Demos in München falsch war
München - Am Donnerstag vor einer Woche, bei der Trauerfeier vor der Synagoge, hat OB Dieter Reiter in schwieriger Gemengelage in einer starken Rede den Ton getroffen. Mit einer kurzen Ausnahme. Zu Protesten von Palästinensern in den Tagen zuvor in München kündigte Reiter an: "Wir werden alle Demonstrationen in diesem Zusammenhang verbieten, das habe ich meiner Kreisverwaltungsreferentin mitgegeben."
Münchens OB Reiter weckte mit seiner Verbotsforderung unerfüllbare Erwartungen
Diese Taktik und diese Wortwahl waren keine gute Idee. Erstens weckte der OB damit Erwartungen, die kaum zu erfüllen waren. Wie zu vermuten war, ist das pauschale Verbot nun in zweiter Instanz gekippt worden. Zweitens ist es genau die falsche Symbolik, in einer aufgeheizten Stimmung, in der verschiedene Minderheiten direkt beteiligt sind, pauschale Verbote auszusprechen. Und drittens ist es sogar kontraproduktiv. Weil es jenen in die Karten spielt, die auch den deutschen Staat radikal bekämpfen (wollen).
Richtiger wäre, eine Trennline zu ziehen zwischen Trauernden und Radikalen – statt sie pauschal in eine Richtung zu drängen. Wie das gegangen wäre – ohne von der richtigen und wichtigen uneingeschränkten Solidarität mit den Juden und dem angegriffenen Staat Israel abzuweichen? Indem man nicht pauschal verboten hätte. Sondern Versammlungen mit sehr strikten Auflagen versehen - und die Münchner Polizei diese konsequent durchgesetzt hätte.
Der richtige Weg: Strenge Auflagen und keine Akzeptanz für Antisemitismus
Der Münchner Weg hätte sein müssen: Das Grundrecht, sich zu versammeln, gilt für alle, selbstverständlich, aber wir dulden keinen Antisemitismus. Nach der Gerichtsentscheidung kann es nun genau auf eine solche Linie hinauslaufen. Denn klar – und richtig – ist: Antisemitische Exzesse auf Münchens Straßen können sich Staatsregierung und Stadtspitze nicht leisten. Zumal nicht nach ihrer klaren Positionierung der vergangenen Woche.
Für Dieter Reiter bleibt das Feld so oder so eine schwierige Gratwanderung, das hat auch sein Krach mit den Imamen in dieser Woche gezeigt. Natürlich kann und muss er auch mit ihnen im Gespräch bleiben. Aber auch hier sind rote Linien gefragt. Etwa, wer so radikal ist, dass ein Rathaus-Chef ihn nicht empfangen sollte. Es sind Wochen, in denen ein OB irgendwie auch Innen- und Außenpolitik macht. Ungewohnt. Und voller Fallstricke.
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