"Wahrheit im Herzen": Ur-Opa geht mit Blüten in die Spielbank

50 falsche 100-Euro-Scheine tauscht der 72-Jährige im Casino von Bad Wiessee gegen Jetons. Gefasst wird er in Slowenien. Sein abenteuerliches Geständnis...
von  Abendzeitung
Ausgezockt: Giovanni U. (72) muss in Haft.
Ausgezockt: Giovanni U. (72) muss in Haft. © Torsten Huber

MÜNCHEN - 50 falsche 100-Euro-Scheine tauscht der 72-Jährige im Casino von Bad Wiessee gegen Jetons. Gefasst wird er in Slowenien. Sein abenteuerliches Geständnis...

Die grauen Haare fallen wirr nach hinten, Hornbrille, Schlabberpulli – Rentner Giovanni U. (72) aus dem italienischen Bologna wirkt rein äußerlich wie das Klischee eines Kunstprofessors.

Doch seine Begabung liegen laut Anklage der Staatsanwaltschaft München II im kriminellen Bereich. Mit 50 gefälschten 100-Euro-Noten kaufte er sich am 12. Dezember 2009 in der Spielbank Bad Wiessee an den Roulette-Tischen Jetons und spielte damit American Roulette, eine vereinfachte Variante des französischen Roulettes. Festgenommen und überführt wurde er erst Monate später in einer Spielbank in Slowenien. Am 23. Juni 2010 wurde er den deutschen Behörden überliefert und sitzt seitdem in U-Haft.

Croupier Andrea H. (32) erinnerte sich noch genau an den Angeklagten: „Er war gut gekleidet und spielte an meinem Tisch 5 auf Chance.“ Beim Jeton-Wechsel an die Spieler merkte sie, dass sie plötzlich drei 100 Euro-Scheine in der Hand hatte, „die einfach zu glatt waren“. Sie alarmierte sofort den Technischen Leiter der Spielbank. Man hatte zwar einen Verdacht, aber eine genaue Zuordnung zu den Fälschungen war nicht möglich. Mehrere Mitspieler hatten 100-Euro-Scheine auf den Spieltisch geworfen.

Die Zeugin: „Als wir mit ihm reden wollten, sagte er, dass er in Italien viele berühmte Freunde hätte. Er sei angeblich ein Freund von Silvio Berlusconi.“ Das hat wahrscheinlich Eindruck gemacht. Giovanni U. spielte weiter, setzte aber nur noch die zuvor gekauften Jetons ein.

Über seinen Anwalt Antonio Agosta legte der Angeklagte ein Geständnis ab: „Die gefälschten Euroscheine stammen von einem Mittelsmann aus Neapel. Für 20 Prozent vom Nominalpreis hat er das Geld gekauft.“ Den Mittelsmann mit Namen Antonio will Giovanni U. über seinen „Sozial-Assistenten“ kennen gelernt haben: „Der hilft mir im Haushalt und er hat mich beeinflusst.“ Der Mittelsmann Antonio nahm nicht nur Bares, sondern auch Familienschmuck und Parmaschinken.

Giovanni U., der einschlägig vorbestraft ist und in ganz Italien keine Spielbank mehr betreten darf, stammt nach eigenen Angaben aus einer reichen Familie in Bologna: „Mit sechs Jahren habe ich im Bahnhof geschlafen, weil ich mich in unserer großen Villa verloren fühlte.“ Er war zwei Mal verheiratet, hat sechs Kinder und sechs Enkelkinder. Inzwischen sei er schon Urgroßvater. Seine zweite Frau sei „einfach weggelaufen.“ Sie sei viel jünger gewesen: „Sie hat mich nur geheiratet, damit sie die italienische Staatsbürgerschaft bekommt.

Bei dem Familienerbe habe man allerdings den Angeklagten nicht bedacht: „Meine gierigen Schwestern haben alles. Ich bekam nicht einmal meinen Pflichtteil.“

Das Wirtschaft- und Handels-Studium habe Giovanni U. abgebrochen und eine Kunstgalerie eröffnet. Jetzt lebe er von 2000 Euro Rente in Monat.

Auf die Frage, wie viel Blüten er insgesamt in den Spielbanken gewechselt hat, sagte er: „Vielleicht 10000 Euro. Ich will die Wahrheit sagen, weil ich sie im Herzen trage.“

Der Prozess wird am 5. Januar fortgesetzt. Torsten Huber

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