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Vor 50 Jahren am Olympiapark München: Räder fliegen aus dem zehnten Stock, Diebstähle, Bewohner wollen nur noch weg

In der AZ vor 50 Jahren beklagt sich eine Anwohnerin über die vielen Diebstähle im neu gebauten Olympiadorf.
von  Felix Müller
Heute begehrter Wohnraum: Blick aufs Olympische Dorf.
Heute begehrter Wohnraum: Blick aufs Olympische Dorf. © Imago/Rolf Poss

München - Zwei Jahre nach den Olympischen Spielen hat sich das Olympiadorf zum Brennpunkt entwickelt. 1973 hat die Polizei 286 Diebstähle registriert, Mitte 1974 zeichnet sich ab, dass es im Folgejahr doppelt so viele sein werden.

Vor 50 Jahren in der AZ: Olympiadorf-Bewohner beklagen sich über Kriminalität

Und in der AZ schlagen viele Bewohner Alarm. "Wenn nicht bald mehr Leute ins Olympische Dorf ziehen, will ich hier nicht mehr wohnen", zitiert die AZ heute vor 50 Jahren, am 15. Juli 1974, AZ-Leserin Gisela D.. Die Angestellte wohne seit 1972 in Münchens "Super-Stadtteil".

Alarm im Olympiadorf! So berichtet die AZ heute vor 50 Jahren, in der Ausgabe vom 15. Juli 1974.
Alarm im Olympiadorf! So berichtet die AZ heute vor 50 Jahren, in der Ausgabe vom 15. Juli 1974. © Foto: AZ-Archiv

So richtig super findet die Leserin das Leben hier nun aber offenbar gar nicht mehr. In den zwei Jahren wurde ihr aus dem abgeschlossenen Kellerabteil ein nagelneues Schlauchboot gestohlen, ihrer Nachbarin entwendeten Unbekannte eine komplette Ski-Ausrüstung und, notiert die AZ-Reporterin spürbar schockiert, "sogar die Socken aus der Waschmaschine verschwanden!".

Nur 40 Prozent belegt: Warum das Olympiadorf vor 50 Jahren ein Hotspot war

Die größte Frechheit aber habe Gisela D. vor wenigen Wochen erlebt. "Da wurde mir mein Fahrrad gestohlen. Die Diebe schleppten es in den zehnten Stock und warfen es aus dem Fenster auf ein geparktes Auto!" Die Ursache der Abwärtsspirale im neuen Münchner Stadtteil offenbar: Es fanden sich in der Nach-Olympia-Depression zu wenige Kaufinteressenten für die Wohnungen. Die AZ meldet, nur rund 40 Prozent seien überhaupt belegt.

Darauf bezieht sich auch der damals erst 34-jährige CSU-Stadtrat Hans Zöller, der eine Anfrage zur Sicherheit im Dorf stellt. Die Antwort ergibt, dass die Diebstahlquote zwar hoch, aber mit anderen Neubaugebieten "durchaus vergleichbar ist". Sehr oft liege es an den Leuten selbst, die etwa Wertsachen im Auto liegen ließen ohne abzuschließen, tadelt Zöller.

Das Hauptproblem sieht aber auch er woanders: im hohen Leerstand – und dem daraus folgenden niedrigen Sicherheitsgefühl. "Nichts ist bei uns mehr sicher", ist die Überschrift des AZ-Artikels von 15. Juli 1974.

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