Volkskrankheit Schmerz: Warum es weh tut

Ein Oberbürgermeister als Kronzeuge:Bayerns Psychotherapeuten wollen mehr Kooperation bei der Behandlung von Schmerz-Patienten. Allein in München gibt es 20000 Betroffene.
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Dr.med.Marianne Koch beklagt die miserable Ausbildung
Ronald Zimmermann Dr.med.Marianne Koch beklagt die miserable Ausbildung

MÜNCHEN - Ein Oberbürgermeister als Kronzeuge:Bayerns Psychotherapeuten wollen mehr Kooperation bei der Behandlung von Schmerz-Patienten. Allein in München gibt es 20000 Betroffene.

„Schon die hundert Meter über den Marktplatz waren eine Tortur.“ Eichstätts OB Arnulf Neumeyer (59) bekam Ostern 2009 starke Schmerzen, die bald chronisch wurden. Ein Grund: Zwischen dem dritten und siebten Halswirbel hatte der OB sämtliche Bandscheiben verschlissen. Das hatten die Ärzte schnell herausgefunden, doch mit der Therapie taten sie sich schwer. Von Morphium bis Akupunktur – nichts half.

Neumeyer ließ sich daher nach einem halben Jahr in eine Allgäuer Fachklinik einweisen. Und diente nun frisch genesen, der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten (PTK) im Presseclub als Fallbeispiel für eine gelungene „multimodale“ Zusammenarbeit von Arzt, Physiotherapeut und Psychologe bei der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten.

Eine Wachstumsbranche: Denn der Schmerz ist längst zur Volkskrankheit geworden. 15 Millionen Deutsche sind betroffen. Allein in München sind 20000 Menschen durch chronische Schmerzen schwerst beeinträchtigt, aber unterversorgt, berichtet Bernhard Klasen, Psychotherapeuten am Algesiologikum in der Heßstraße. Schon Kinder klagen über „Bauchschmerzen“, die eigentlich Ausdruck ihrer Ängste, etwa vor der Schule sind. Nicht erkannt und behandelt, kann so eine typische Schmerzkarriere beginnen.

Moderatorin Marianne Koch, Präsidentin der Deutschen Schmerzliga, beklagte, dass deutsche Ärzte trotz dieser Zahlen in puncto chronischer Schmerz miserabel ausgebildet sind.

Fast immer ist es eine Mischung aus physischen und seelischen Problemen, die zum chronischen Schmerz führen. Doch die Psychologie wird in den Arzt-Praxen gerne ausgeblendet. Der durchschnittliche Schmerzpatient findet daher erst nach knapp sieben Jahren Leidenszeit den Weg in eine Fachklinik.

Wie es besser gehen kann, erklärt Neumeyer: „Ich hatte unter anderem ein langes Gespräch mit einer Psychologin – auch über ein privates Problem. Da ist mir ist eine Zentnerlast heruntergefallen.“

Die Schmerzen sind zwar nicht restlos weg. Das wäre auch eine Illusion, erklärt Chefarzt Klaus Klimczyk von der Enzensberg-Klinik. Aber Neumeyer hat gelernt, viel entspannter damit umzugehen. Sein Fazit: „Ich bin jetzt ein besserer OB.“ John Schneider

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