"Viel zu gut gemeint": Warum Münchens Eisbach keine Welle zeigt

Teil eins des Drei-Punkte-Plans hat nicht funktioniert. Am Eisbach müssen sich Surfer weiterhin gedulden. So geht es nun weiter.
von  Anna Kelbel
Noch immer keine Welle: Am Eisbach müssen sich Surfer weiterhin gedulden.
Noch immer keine Welle: Am Eisbach müssen sich Surfer weiterhin gedulden. © Ben Sagmeister

Es war ein Bangen und Hoffen am Mittwochvormittag an der Prinzregentenstraße. Eine Welle der Enttäuschung überrollte alle Surfer schließlich wie ein Tsunami. Von einer Welle fehlt am Eisbach noch immer jede Spur.

Erste Maßnahme zur Wiederherstellung der Welle gescheitert

Die erste von drei Maßnahmen, die Stadt und Surfer ausgetüftelt hatten, ist gescheitert: Auch mit mehr Wasserzufluss baute sich die Welle nicht auf. Dabei sah es erst gar nicht so schlecht aus. Die AZ war mit Surfern vor Ort. Sie klammerten sich an die Hoffnung, dass alles gut wird, wie ein Anfänger an sein Surfbrett.

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Bei Surfer Alexander Neumann war die Enttäuschung groß, als er erfuhr, dass ein vermehrter Wasserzufluss nicht geholfen hat, die Welle aufzubauen.
Bei Surfer Alexander Neumann war die Enttäuschung groß, als er erfuhr, dass ein vermehrter Wasserzufluss nicht geholfen hat, die Welle aufzubauen. © Ben Sagmeister

10.35 Uhr: Alexander Neumann gibt ein Interview. Der 46-Jährige, der nach eigenen Angaben seit 45 Jahren auf dem Surfbrett steht, scherzt noch: "Nicht wundern, wenn ich gleich vom Interview wegrenne. Wenn die Welle wieder da ist, muss ich schnell mein Board holen.“

11.00 Uhr: Wasser marsch! Das Wasserwirtschaftsamt hat den Wasserzufluss in den Eisbach erhöht, heißt es vom Bauamt. Der Zulauf aus der Isar sei der Fabrikbach auf Höhe der Mariannenbrücke. Nur blöd, dass die Isar derzeit zu wenig Wasser hat, wie Neumann berichtet. Stattdessen habe man Wasser mithilfe von Seitenbächen wie dem an der Staatskanzlei zufließen lassen.

"Die Stadt probiert alles, was geht“, ist sich IGSM-Vorständin Lena Stillner sicher. Sie bleibt optimistisch.
"Die Stadt probiert alles, was geht“, ist sich IGSM-Vorständin Lena Stillner sicher. Sie bleibt optimistisch. © Ben Sagmeister

11.20 Uhr: Surferin Lena Stillner ist optimistisch. Die 33-jährige Augenoptikerin sitzt im Vorstand der Interessengemeinschaft Surfen (IGSM). "Schaut doch ganz gut aus. Die Stadt probiert alles, was geht“, so Stillner mit Blick auf den Eisbach. Stadt und Surfer scheinen an einem Strang zu ziehen. Schuldzuweisungen an die Stadt gibt es von Surfer-Seite jedenfalls nicht. Sie sind sich einig, wenn es darum geht, die Welle wieder aufzubauen: "Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniert reibungslos“, betonen die IGSM-Vertreter mehrfach.

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"Die Enttäuschung ist groß"

13.00 Uhr: Telefonat mit Alexander Neumann. Er ist inzwischen nach Hause gegangen. "Gerade wird noch einmal eine neue Zuflussmenge probiert, mal schauen, ob das klappt.“ Ganz so euphorisch wie vorher klingt er schon nicht mehr.

14.05 Uhr: Es ist offiziell: Die erste Maßnahme des dreiteiligen Plans ist gescheitert. "Die Enttäuschung ist groß“, so Alexander Neumann. "Aber eine Welle ist eben sensibel. Das Wasserwirtschaftsamt hat alles probiert.“

Stadt plant weitere Strategien zur Wellenrettung

Noch ist die Welle aber nicht verloren. Die Stadt hat noch zwei Strategien in petto. Wann beginnt nun Phase zwei, die Regulierung des Unterwassers? Dazu äußert sich das Baureferat auf Anfrage der AZ nicht. Neumann geht davon aus, dass am heutigen Donnerstag weiter "experimentiert“ werde. Auch das Einbauen einer Rampe sei eine Möglichkeit.

Die Ursache für die fehlende Welle bleibt rätselhaft. Während die IGSM-Vertreter berichten, dass die Bachauskehr heuer wegen des tödlichen Surf-Unfalls im April "sehr gründlich“ vorgenommen wurde“, äußert sich Martin Grün kritischer. Der 54-Jährige ist Präsident des erst diesen August gegründeten Surf Clubs München. "Bei der Bachauskehr hat die Stadt es viel, viel zu gut gemeint.“

Viel zu gut habe es die Stadt bei der Bachauskehr gemeint. Das sei das Hauptproblem für die fehlende Welle, berichtet Surfer Martin Grün.
Viel zu gut habe es die Stadt bei der Bachauskehr gemeint. Das sei das Hauptproblem für die fehlende Welle, berichtet Surfer Martin Grün. © Martin Grün

Er zeigt ein Bild von der diesjährigen Reinigungsaktion: "Da erkennt man deutlich, wie intensiv sauber gemacht wurde – so sauber war es noch bei keiner Bachauskehr.“ Außerdem: Die Stadt habe heuer erstmals über Risse und Löcher am Boden betoniert, berichtet Alexander Neumann.

Hydrologe erklärt mögliche Gründe für die Wellenlosigkeit

Dass das Vorgehen der Stadt "Sinn macht“, findet der TUM-Professor Markus Disse. Er ist Hydrologe und Bauingenieur. Allerdings: Nach einer Bachauskehr sei es möglich, dass das Gerinne glatter geworden sei und somit die Fließgeschwindigkeit höher. "Dann müsste man den Wasserzufluss mindern“, kritisiert er, "und nicht, wie bereits geschehen, erhöhen.“

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