Verkehrsexperte zu den Problemen der Stau-Hauptstadt München

München ist die Stauhauptstadt Deutschlands. Warum das so ist, und was sich ändern muss
Nina Job |
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Die Stadt München beriet Prof. Harald Kurzak bei allen Tunnelprojekten.
dpa, privat Die Stadt München beriet Prof. Harald Kurzak bei allen Tunnelprojekten.

München ist die Stauhauptstadt Deutschlands. Warum das so ist, und was sich ändern muss.

AZ-Interview mit Harald Kurzak. Der Professor (77) ist Experte für Verkehrsprognosen und -planung. Bis 2006 lehrte er an der TU München. Die Stadt München beriet er bei allen Tunnelprojekten.

AZ: Herr Prof. Kurzak, was sind die Ursachen, dass München wieder Deutschlands Staustadt Nummer 1 geworden ist?
HARALD KURZAK: Die Bevölkerung in und um München wächst, es gibt immer mehr Pendler und immer mehr Autos. Wir haben chronische Engstellen, die sich nicht aufweiten lassen und viele Baustellen. Dazu kommt, dass der Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke zehn Jahre verschlafen worden ist. Wenn vor allem die Grünen nicht den Ausbau des Bahn-Südrings gefordert hätten, wären wir heute einen großen Schritt weiter.

Wie kann der drohende Verkehrskollaps verhindert werden?
Die Planung für die U9 muss unbedingt weitergeführt werden. Und wir dürfen Pendlern keine Anreize schaffen, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Die Parklizensierung war und ist ein wichtiger Schritt dorthin. Die Staus sind ja vor allem morgens am schlimmsten. Wenn 10 bis 20 Prozent auf die S-Bahn umsteigen würden, ist dieser Stau zwar auch nicht weg, aber die Stauspitze würde sich nicht mehr so in die Länge ziehen.

Apropos Pendler, ist der Bau der Tiefgarage am Thomas-Wimmer-Ring ein Fehler? Wird sie mehr Pendler in die Altstadt locken?
Nein, so viel, wie das Parken dort kosten wird, kann sich das ein Pendler gar nicht leisten – höchstens ein Firmenchef. Diese Garage wird für Leute gebaut, die in der Innenstadt ein paar Stunden einkaufen wollen. Dass das alte Parkhaus an der Hildegardstraße wegkommt, ist sehr sinnvoll. Es hat täglich 700 bis 800 Autofahrer angezogen. Das waren 1.400 bis 1.600 Fahrten in die engen Altstadtgassen, die nun wegfallen.

Großfirmen sollen Anreize schaffen

Was muss noch passieren, damit die Straßen nicht völlig verstopfen?
Großfirmen sollten für ihre Angestellten Anreize schaffen, mit dem öffentlichen Nahverkehr zu fahren. Also zum Beispiel günstige oder kostenlose Dauerkarten anbieten. Angestellte, die den ÖPNV nutzen, müssten einseitig bevorzugt werden.

Müssen mehr Park & Ride-Plätze geschaffen werden?
Das ist schwierig. Dort, wo sie hin sollten, ist meistens kein Platz vorhanden, außerdem ist der Grund teuer. An diesen Orten sollte man lieber Wohnungen bauen für Menschen, die dort direkt in die S-Bahn steigen können.

Sollten künftig auch wieder mehr Straßen ausgebaut werden?
Wir haben gelernt: Wenn ich etwas ausbaue, ist es sofort wieder voll. Das Potenzial im Umland ist so hoch, dass sofort wieder mehr Autos nachdrängen. Sinnvoll ist der achtspurige Ausbau des Autobahn-Ostrings und sehr wichtig wäre auch der Ausbau des Südwestrings zur Lindauer Autobahn.

Was ist mit dem Nordring und dem Allacher Tunnel?
Hier besteht ebenfalls dringend Handlungsbedarf. Da läuft aber nun das Genehmigungsverfahren für die Nutzung der Standstreifen, das ist sinnvoll.

Hat sich die Verkehrssituation in München in der Vergangenheit nur verschlechtert?
Außerhalb des Mittleren Ring und auf den Radialstraßen läuft es furchtbar. Aber man muss auch sagen: Innerhalb des Mittleren Ringes läuft es heute deutlich besser als früher. Vor 50 Jahren, wenn ich mit dem Auto von der TU zum Stachus gefahren bin, habe ich für denselben Weg mehr als doppelt so lange gebraucht.

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