Vergewaltigung: Opfer per Video vernommen

Anklage am Landgericht: Junge Frau (23) soll von ihrem Ex (24) anderthalb Jahre lang misshandelt worden sein.
von  John Schneider
Verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktendeckel: Ivan T. (Name geändert) im Gerichtssaal.
Verbirgt sein Gesicht hinter einem Aktendeckel: Ivan T. (Name geändert) im Gerichtssaal.

München Wenn die Anklage stimmt, dann hat Sabine P. (23, Namen geändert) die Hölle durchlebt. Nachdem sie zu ihrem Freund Ivan T. nach Holzkirchen gezogen war, habe er sie anderthalb Jahre lang geschlagen, getreten, vergewaltigt und nach Strich und Faden ausgenommen und ausgebeutet. Der 24-Jährige muss sich seit gestern wegen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Computerbetrug und Vergewaltigung verantworten.

„Nach drei Monaten bekam ich die erste Schelle“, berichtete die Hausfrau Sabine P. gestern der Jugendkammer des Landgerichts. Kurios: Da sie sich vor ihrem Ex und dessen Familie fürchtet, wurde die zweifache Mutter nicht im Gerichtssaal, sondern per Video im Videovernehmungszimmer angehört. Bild und Ton wurden für die Prozessbeteiligten in den Saal übertragen.

Der Vorsitzende Richter Thomas Bott hatte dieses Verfahren aus Rücksicht selber angeregt, da die Frau bereits einen Suizidversuch hinter sich habe und psychisch nicht stabil erscheine. Gegen den Widerstand der Verteidiger übrigens, die einen unmittelbareren Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Zeugin vorgezogen hätten.

Schnell wurde klar, dass Sabine P. trotz dieser Rücksichtnahme nur widerwillig ihre Vorwürfe vor Gericht wiederholen wollte. Der Mann interessiere sie nicht mehr, sagte die 23-Jährige über den Angeklagten und sie würde auch nicht mehr Tag und Nacht über das Geschehene nachdenken.

Kennengelernt hatten sich die beiden im Alter von 17 beziehungsweise 18 Jahren in Kirchseeon bei der Berufsausbildung. „Am Anfang war da was“, erinnert sich Sabine P. noch an das Jahr 2009. Was Verliebtes offenbar. Denn nach wenigen Monaten zog die junge Frau zu ihrem Freund in die Holzkirchener Wohnung von dessen Familie.

Hier soll es bald zu Übergriffen gekommen sein. Sie sollte putzen, kochen, für die gesamte Familie den Haushalt führen. Wenn sie nicht gehorchte, habe es Schläge oder Kopfnüsse gesetzt. 50 Fälle stehen in der Anklageschrift.

Im März 2011 kam es wieder einmal zum Streit. Sabine P. war im achten Monat schwanger. Das habe Ivan T. aber nicht daran gehindert, die Frau in den Bauch zu treten. Es sei dem Zufall geschuldet, dass dem ungeborenen Kind nichts passierte, glauben die Ankläger.

Als sie eines Tages nach Kirchseeon fahren wollte, um ihre Bäcker-Ausbildung dort fortzusetzen, habe sie Ivan T. einen Tag lang in der Wohnung eingesperrt. Dazu hob ihr Freund ohne ihr Wissen Geld von ihrem Konto ab. Das habe er dann in Spielcasinos verspielt. Und: Ivan T. hat sie laut Anklage im Sommer 2010 zwei Mal vergewaltigt.

Der Angeklagte sagte zu den Vorwürfen gestern nichts.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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