Als er seinen Job verliert, verwahrlost der Mann. Er lässt die Wohnung vergammeln, verprügelt seine Frau und Sohn magert ab.
MÜNCHEN Was für Qualen musste der kleine Leo (heute 12) erleiden. Die Wände in der elterlichen Wohnung in Freimann waren vom Schimmel befallen, überall lagen Essensreste, leere Dosen und Bierflaschen rum. Sein Bettchen war durchgebrochen, die Matratze war übersät mit Flecken. Im Kühlschrank: nur verfaulte Lebensmittel.
Die Mutter Nicole (54) war vor den Schlägen ihres Mannes Franz G. (57) bereits vor Wochen aus dem Haus geflohen, sie hielt sich tagsüber in der Kirche auf und übernachtete im Keller. Nur spät nachts traute sie sich zu ihrem Sohn, um ihm eine warme Mahlzeit zu bringen – meist nur Fastfood in Form eines Hamburgers.
Im Juni 2010 griffen Polizei und Jugendamt ein, als das Kind nicht mehr in der Schule erschien. Der Junge wird mit Ekzemen am ganzen Körper und völlig abgemagert in ein Krankenhaus eingeliefert. Schuld an der Messie-Situation ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Vater.
Jetzt stand er wegen des Missbrauchs von Schutzbefohlenen vor einem Münchner Schöffengericht. Franz G.
entschuldigt sich für sein Verhalten: „Es tut mir wirklich leid.“ Aus der Bahn habe ihn der Job-Verlust geworfen. Er war früher Elektriker bei einer Firma für Reklame-Anlagen. „Als mein Chef starb, machte seine Frau die Firma dicht“, sagte der Angeklagte.
Das war 2008. Dass Franz G. mit damals 54 keinen Job mehr bekam, machte in völlig fertig. Er griff immer häufiger zum Bierglas, um den Alltag zu vergessen. Schlimm nur, dass er dabei auch seine Familie im Stich gelassen hat. Die Ehefrau, eine Philippinin, hatte in
München kaum soziale Kontakte. Ihr Mann und der Sohn waren ihr Lebensmittelpunkt.
Im Juli 2009 flieht die Hausfrau aus der Wohnung. Sie hält die ständigen Beschimpfungen und Schläge ihres Mannes nicht mehr aus. Den Sohn lässt sie zurück. Wenn Leo über Hunger klagte, soll sein Vater gesagt haben: „Du bist alt genug, mach’ dir selber was zu essen.“ Der Junge war völlig auf sich allein gestellt.
Die Tage verbrachte er vor dem Fernseher oder Computer, wenn er nicht zur Schule ging. Der Junge lebt heute in einem Kinderheim. Er ist gesund. Richter Andreas Forstner: „Wenn man unverschuldet in die
Arbeitslosigkeit gerät, muss es doch nicht gleich so enden.“ Das
Gericht gab dem Vater noch eine Chance: Zwei Jahre Haft mit Bewährung. Die Mutter musste sich ebenfalls verantworten. Auch sie bekam eine Bewährungsstrafe.