Untergiesing sagt Nein: Bürger gegen das Candidtor

Die Bürgerversammlung spricht sich klar gegen das Candidtor aus. Der BA-Chef beruhigt: "Bisher nur eine Idee des Investors."
von  Myriam Siegert
Eine Revitalisierung des Candidplatzes? Die Anwohner fürchten eher Verdrängung.
Eine Revitalisierung des Candidplatzes? Die Anwohner fürchten eher Verdrängung. © MVRDV

Giesing – Entsteht am Candidplatz ein 64 Meter hoher Büroturm, das sogenannte Candidtor? Nicht, wenn es nach den Menschen im Viertel geht. Drei Anträge wurden in der Bürgerversammlung des Stadtbezirks Untergiesing-Harlaching am Donnerstagabend zu dem Thema vorgebracht - alle forderten, der Stadtrat solle das Projekt ablehnen und sie wurden mit großer Mehrheit angenommen, berichtet Sebastian Weisenburger auf AZ-Nachfrage. Er ist Grünen-Stadtrat und BA-Chef in Untergiesing-Harlaching.

Anwohnerinitiative fordert: "Candidplatz für alle"

Das überrascht nicht: Schon länger hat sich in Untergiesing die Anwohnerinitiative "Candidplatz für alle" gegründet. Sie fürchtet durch das Projekt massive negative Auswirkungen auf das Viertel, das ohnehin unter starkem Gentrifizierungsdruck steht (AZ berichtete).

Laut der Initiative sind ein Grünwalder und ein Starnberger Investor Teil eines internationalen Immobilienfonds, der Arztpraxen aufkauft und aufwertet. Zudem kritisiert sie das Projekt auch aus Nachhaltigkeitsgründen. Es sei Irrsinn, hier den Beton aus den 80er Jahren wegzureißen, statt die vorhandenen Gebäude zu sanieren, so ein Sprecher zur AZ. Mit dem Stimmungsbild am Abend ist die Initiative höchst zufrieden, man habe sehr viel und ausschließlich Zuspruch erhalten.

"Das ist bisher nur eine Idee des Investors"

Bei aller Aufregung um das Projekt, das zwischen Candidplatz, Candidstraße und Auer Mühlbach anstelle des schwarzen Ärztehaus-Ensembles entstehen könnte, betont BA-Chef Weisenburger, dass nach wie vor nichts konkret, geschweige denn beschlossen sei. "Es gibt hier kein Baurecht. Das ist bisher nur eine Idee des Investors", so Weisenburger. Das Planungsreferat müsste zuerst ein Bebauungsplanverfahren einleiten. Ob das geschehe, sei noch unklar. Ebenso, ob sich der Stadtrat mit dem Thema befasst.

Das wissen auch die Candidtor-Gegner. "Mit dem dort bestehenden alten Baurecht ist an diese Geschosszahl – von etwa sieben auf bis zu 23 Stockwerke, die hier geplant ist – nicht zu denken", so der Sprecher.

Fall (Neu)Bebauung: dann inklusive Grundstück gegenüber

Man wolle dennoch frühzeitig mobilmachen und den Stadtrat sensibilisieren. Stehe erst einmal etwas auf Papier, sei das Kind in den Brunnen gefallen.

Was aber klar ist: Wenn auf dem Grund eine (Neu)Bebauung geplant wird, dann nur in Verbindung mit dem Grundstück gegenüber an der Ecke Candid- und Schönstraße, das der Stadt gehört. Das habe eine Vertreterin des Planungsreferats in der Bürgerversammlung klargemacht, so Weisenburger.

Die Fläche wurde lange als Parkplatz fürs Grünwalder Stadion gebraucht. Mittlerweile wird sie als Bolzplatz genutzt, es gibt auch eine Skateanlage. Nachdem sie als Parkfläche nicht mehr benötigt wird, stehe sie theoretisch für eine Überplanung zur Verfügung.

Investor möchte einen lokalen Identifikationspunkt für alle

Die Planer des Investors, das niederländische Architekturbüro MVRDV, betonen auf ihrer Projektwebseite derweil, der Skateplatz sei durch das Projekt nicht bedroht, im Gegenteil sehe die Planung "eine Stärkung des Freizeitangebotes für die Nachbarschaft vor". Das Projekt stelle eine "Revitalisierung" des vorhandenen Bürokomplexes dar. "Der ehemals triste Candidplatz wird sich zu einem lokalen Identifikationspunkt für die Bürgerinnen und Bürger entwickeln", wird einer der MVRDV-Chefs zitiert. "Ein grüner, lebenswerter sozialer Treffpunkt, der zum Verweilen einlädt."

Ob die Untergiesinger das überhaupt möchten, darf nach der Bürgerversammlung erneut stark bezweifelt werden.

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